Erste Zeichen einer Referenzmaschinerie
Im
Laufe des Jahres 1996 wurde klar, dass Ascon einer Veränderung
unterzogen werden musste. Das hört sich jetzt dramatischer an, als
es wirklich war. In der Schweiz gibt es bis heute ein großes
Telekommunikationsunternehmen mit dem Namen Ascom. „Als
dann die Firma "Ascom" wegen "phonetischer
Verwechselungsgefahr" [mit dem Namen Ascon] nicht einverstanden
war, wurde das alte Kunstwort "Ascon" zwar phonetisch
verändert, jedoch so, dass aber eine grundsätzliche Wiedererkennung
der Marke bei den Kunden erhalten blieb. Es entstand "Ascaron".“
(Zitat
Eric Deters, ehemaliger Ascaron-Mitarbeiter)
Das
erste Spiel, welches unter dem neuen Firmennamen erscheinen sollte,
war das für Ascaron genreuntypische „Hexagon-Kartell“.
Mitte
der Neunziger war das Wettrüsten an der PC-Front in vollem Gange.
Die Wachablösung der überholten 486er-Prozessorenreihe durch die
Pentium-Generation war vollzogen, es begann das MHz-Rennen: 66, 90,
100, 133, 166 – höhere Takte waren gleichbedeutend mit mehr
Leistung, Dual-Kerne gab es noch nicht. Dazu wurde Windows mehr und
mehr zum Standard, auch wenn es immer noch ein paar Spiele gab, die
für MS-DOS programmiert waren (zur Erinnerung: Das war die
Benutzeroberfläche, die ohne Maus funktionierte und die man Anfang
der Neunziger in Informatikunterricht noch an der Schule lernen
konnte). Ebenfalls wurde fleißig an den 3D-Fähigkeiten der
Grafikkarten geschraubt, auch wenn dort noch so viele
unterschiedliche Chips auf dem Markt waren, dass es schwer war, den
Überblick zu behalten – und sicher noch schwieriger, für alle
Konfigurationen eine vernünftige Programmierung zustande zu
bekommen.
Bemerkenswert
war es daher, dass Ascaron bisher eher wenig hardwarehungrige Spiele
herausgebracht hatte – Pole Position einmal nicht berücksichtigt.
Jetzt wurde mit einer grafikintensiven 3D-Hubschraubersimulation ein
völlig neues Genre ausgetestet, was angesichts der starken
Konkurrenz namens „Hind“ oder „Apache Longbow“
erstaunlich, wenn nicht sogar mutig war. Doch überraschenderweise
klappte dieses Debüt beachtlich gut. Neben 79% aus der Power Play
und 76% aus dem PC Joker vergab die PC Games eine Traumnote von 91%!
Ob das Spiel ein kommerzieller Erfolg war sei einmal dahingestellt,
jedenfalls konnte Ascaron wieder einmal beweisen, dass sie in der
Lage sind, hochwertige Spiele auch in Deutschland zu produzieren. Die
Hubschraubersimulation war zu dieser Zeit ein beliebtes Genre. Die PC
Player hatte etwa ein halbes Jahr nach dem Release des
Hexagon-Kartells sogar ein Special zu diesem Genre, in dem immerhin
neun (!) relativ aktuelle Simulationen miteinander verglichen wurden,
in welchem das Hexagon-Kartell einen siebten Platz erreichte.
Bemängelt wurde das langsame Fluggefühl und die angestaubte
Präsentation. Verglichen mit dem etwas später erschienenen
„Comanche 3“ war die Grafik tatsächlich etwas eckig und
detailarm, auch wenn der Vergleich angesichts der enormen
Hardware-Anforderungen von „Comanche 3“ etwas hinkt.
Kuriose
Randbemerkung: Das Spiel wurde in der Big Box (der damaligen
Standard-Verpackung) mit zwei unterschiedlichen Covern verkauft.
Neben dem dunklen Cover, mit dem Pierce-Brosnan-Verschnitt als
Piloten und der etwas schlecht getroffenen Blondine gibt es auch ein
oranges Cover, mit einem Hubschrauber im Vordergrund. Welches davon
geeigneter war, bleibt der Entscheidung der Spieler überlassen.
Das Cover, welches man häufig bei der Big Box findet |
Das Alternativcover, welches auch später bei Re-Releases verwendet wurde. |
In
der Zwischenzeit gab es eine nicht zu übersehende Personalie. Jürgen
Kersting, seines Zeichens bisher quasi an jedem Spiel beteiligt und
bei Anstoss und Pole Position sogar Projektleiter, verlässt Ascaron
– mit einigen Kollegen wie Renate Langenkämper oder Andreas
Leicht. Zusammen wird die Synetic GmbH gegründet, ebenfalls in
Gütersloh ansässig. Diese Firma dürfte auch vielen noch im
Gedächtnis sein. Bekannt wurde diese Truppe durch die sehr witzigen
Actionracer „Have a N.I.C.E. Day“ 1 und 2, sowie
„Mercedes-Benz Truck Racing“ und „World Racing“
1 & 2. Synetic war mit diesen Spielen Ende der Neunziger sowie zu
Beginn des neuen Jahrtausends relativ erfolgreich. Nach einigen
Auftragsarbeiten für „Alarm für Cobra 11“-Spiele stellte
Synetic 2014 jedoch den Geschäftsbetrieb ein.
Nach
der Veröffentlichung des Hexagon-Kartells wurde in den diversen
Spielezeitschriften bekannt gegeben, dass Ascaron Ideen für die
Fortsetzung von Anstoß suchte – Ideen bitte direkt nach Gütersloh,
liebe Fans! So stand es u.a.in der PC Games 01/1997. Ein wenig kurios
kommt diese Aufforderung schon daher, denn eigentlich wäre ja eher
eine Fortsetzung vom Patrizier von der chronologischen Reihenfolge
denkbar gewesen.
Bereits
im März 1997 erschien dann die Neuauflage eines damals „gerade
mal“ zehn Jahre alten Spieles, welches aber bereits am C64 zu einer
Legende wurde: „Vermeer“, eine spannende Hotseat-WiSim,
die das Kultspiel des Brotkastens zeitgemäß unter Windows 95 neu
aufleben ließ. Erneut zeigte sich Ralf Glau für das Spiel
verantwortlich, der ja schon das Original designte und auch Hanse auf
den Weg brachte (insofern auch bemerkenswert, dass Ascaron als
„Hersteller von Simulationen der besonderen Art“ somit zum
Recycler der alten 8-Bit-Ideen von Herrn Glau wurde). Für
Nichtkenner des Spieles: Es geht darum, zur Zeit des ersten
Weltkrieges durch Warenanbau auf Plantagen weltweit genügend Kapital
zu bekommen, um auf Kunstauktionen die Bilder zusammen zu kaufen, die
dem reichen Erbonkel jüngst gestohlen wurden. Und in der Essenz
sozusagen ein „Brettspiel am PC“. Schon damals stellte man sich
die Frage, ob die Faszination des alten Vermeers auch in Zeiten
beginnender Netzwerkspiele übertragen werden konnte. Und so
unterschiedlich da die Meinungen ausfallen, so unterschiedlich waren
auch die Testergebnisse der Zeitschriften. Die PC Games vergab 78%,
der PC Player 4 von 5 Sternen, und die Powerplay würgte wahnwitzige
44% im Solomodus raus.
Packshot von Vermeer |
Gut zu sehen: Die Codetabelle als üblicher Kopierschutz |
Allerdings
wurde es nach diesem Spiel ruhig um Ralf Glau, denn in Sachen
PC-Spiele ist nach dieser Neuauflage nicht mehr viel von ihm zu hören
gewesen. Ebenfalls ist in den Credits eine Personalie vermerkt, die
noch aufhorchen ließ: Der Projektleiter Frank Guntenhöner gab
mitten in der Entwicklung im Oktober 1996 die Arbeit an Gerald Köhler
ab. Das ganze ist sogar datumsgenau vermerkt – und hinterlässt
dabei ein leichtes Geschmäckle...
Inzwischen
nahm auch das Internet immer konkretere Formen an, statt Mailboxen
gab es nun Homepages und Foren. Auch unsere Lieblingsfirma hatte sich
bald ihre Domain www.ascaron.com
gesichert. Unter www.archive.org
kann man auch heute noch Captures der frühen Seiten sehen, aus
heutiger Sicht grausame HTML-Verbrechen mit Augenkrebs-Garantie.
Leider sind längst nicht alle Unterseiten in das Archiv gewandert,
dennoch ist der Blick auf den frühen Onlineauftritt von Ascaron
zumindest einen softwarehistorischen Blick wert. Doch mit dem Start
der Internetseite und dem etwas später hinzugekommenen
Diskussionsforum beginnt eine besondere Zeit für Ascaron. Schon mit
Beginn der Planungen zum Nachfolger von Anstoss war klar, dass die
Wünsche der Fans soweit möglich und realisierbar berücksichtigt
werden sollen. Wie Gerald Köhler später im Handbuch zu Anstoss 2
Gold kundtat, standen zu Beginn der Arbeiten an Anstoss 2 insgesamt
17 Ordner, gefüllt mit Schreiben und Featurewünschen in den
heiligen Hallen in Gütersloh. Hier allerdings war es immer noch eher
eine „Einweg-Diskussion“, denn keiner der Briefe- oder
Mailschreiber konnte mit einer konkreten Antwort rechnen, ob und wie
seine Einwände gut oder schlecht waren, ob es Umsetzungspotenzial
gab oder ob seine Einsendung im Wesentlichen Papierverschwendung war.
Mit der Einrichtung einer Mailbox konnte man Ascaron ja zumindest
schon mal per eMail erreichen, auch wenn dies Ende der Neunziger noch
alles andere als eine Selbstverständlichkeit wie heutzutage ist
(wobei der damalige Vergleich Briefpost vs. Email heutzutage wie der
Vergleich eMail vs. WhatsApp daherkommt). Und als es dann einige
Monate weiter auch noch das Diskussionsforum gab, hatte man die
Gelegenheit, mit den Ascaron-Mitarbeitern auch mal direkt Kontakt zu
haben. Mitte/Ende der Neunziger war das keine Selbstverständlichkeit
und auch für mich persönlich zunächst eine große Überraschung,
dass die Ascaronies (so der Spitzname) mit den Fans selbst sprachen.
Das Forum wird noch eine größere Rolle spielen, doch dazu später
mehr.
Zurück
zu „Anstoss 2“1:
Wie oben bereits angedeutet, nahmen die Autoren und Programmierer die
Wünsche der Fans sehr ernst. Bereits Mitte 1994, nach der
Veröffentlichung der Anstoss World Cup Edition, wurde das Konzept
für Anstoss 2 begonnen, im April 1995 begann Rolf Langenberg mit den
ersten Programmierarbeiten am Editor. Die Arbeiten am Spiel forderten
Köhler sogar so sehr, dass er Anfang 1996 nach Gütersloh zog, um
intensiver an Anstoss 2 arbeiten zu können.
Im
April 1997 wurde auf der Homepage von Ascaron eine immer wieder sehr
beliebte Abteilung eröffnet, das sogenannte Entwicklertagebuch.
Gerald Köhler als Konzeptautor gab hier bis zum Release wöchentliche
Einblicke in den Fertigungsstand des neuen Fussballmanagers. So kurz
vor der Fertigstellung gab es natürlich eigentlich keine
außergewöhlichen Designentscheidungen mehr mitzuteilen, sondern nur
mehr Stück für Stück die Vervollständigung der einzelnen Features
und die harte Schufterei, die es teilweise bedeutet, die
erforderlichen Teilgewerke rechtzeitig abzuliefern. So mag ich mir
gar nicht vorstellen, was es für eine Heidenarbeit es war, insgesamt
2.415 3D-Spielszenen zu setzen, die sich dazu auch noch alle
voneinander unterscheiden! Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die
den Unterschied machen. Wer Anstoss 2 eine Weile mit 3D-Szenen
gespielt hat, der wird irgendwann das Gefühl bekommen, gewisse
Abläufe doch so schon mal gesehen zu haben, doch wenn man ganz genau
hinsieht, gibt es immer wieder Unterschiede. Dazu sind diese
vorberechneten Szenen zwar für den heutigen Managerpuristen ein
Graus – denn vorberechnete Einspieler implizieren ja nunmal, dass
die ausgefuchste Taktik des Managers zu einem gewissen Teil ignoriert
wird. Dennoch sei auch fast 20 Jahre später gesagt, dass es Szenen
gibt, die ein ausdauerndes Spielen belohnt. Gerüchtehalber – ich
habe selber nie solange gespielt – soll es beim 33.333. Tor etwas
besonderes geben (eine spezielle Szene?).
Die
langwierige Fehlersuche zum Ende der Programmierzeit lohnte sich,
pünktlich zum Dienstag, den 05. August 1997 ist das Goldmaster
fertig – und zum 16. August ist Anstoss 2 in den Läden erhältlich.
Die Bundesligatabelle zeigt den Karlsruher SC an Platz 1, und auch
Media Control zeigt schon bald den Erfolg von Anstoss 2. Auch die
Presse ist sich einig, dass Ascaron mit Anstoss 2 ein großer Wurf
gelungen ist: Die PC Player zeigt 5 von 5 möglichen Sternen, die PC
Games vergibt 88%. Und das Spiel ist in vielerlei Hinsicht auch ein
ganz besonderes Schmuckstück: Nicht nur, dass Anstoss 2 ein
hervorragender Fussballmanager war, der mit dermaßen vielen
Funktionen aufwartete, der die damaligen Konkurrenten „Bundesliga
Manager 97“ und den „Premier Manager“ (von EA redete
damals noch niemand) spielend auf die Positionen verwies, nein,
zusätzlich punktete Anstoss 2 durch den an allen Ecken und Kanten
vorhandenen Humor. Allein das auch heute noch bekannte Maskottchen
namens Pallino, der Comicball mit Augen, Händen und der
überbordenden Mimik lockerte die Atmosphäre erheblich auf. Und
neben den unvermeidlichen Mauspads gab es auch ein sehr schönes
Pinset mit den fünf Pallinos in den Gemütshaltungen „Lieb“ über
„Hart“ bis „Brutal“. Ein Sammlerstück heutzutage! Stichwort
Sammlerstück: Auch zu Anstoss 2 gab es ein Lösungsbuch von Carsten
Borgmeier, dieses habe ich allerdings erst vor wenigen Tagen zum
ersten Mal gesehen.
Packshot von Anstoss 2 |
Umfangreicher Inhalt: Handbuch, Referenzkarte und jede Menge obligatorische Werbematerialien |
Das legendäre Pallino-Pinset |
Das Anstoss 2-Lösungsbuch - wirklich selten! |
Schon
während der Programmierphase war klar, das längst nicht alle
Wünsche der Kunden im neuen Referenzmanager eingebaut werden können.
Nach dem großen Erfolg des Spiels, nicht nur in der Presse sondern
auch im Handel, war schnell klar, dass das Kapitel Anstoss 2 noch
nicht beendet ist. Nach einem dringend benötigten Urlaub wandten
sich Köhler und sein Team den reichhaltig eintrudelnden Meldungen
der Spieler zu und versuchten, die nun meistgewünschten Features
umzusetzen. Neben den Konzeptarbeiten zu „Verlängerung!“,
die Mitte Oktober 1997 abgeschlossen waren, standen die heutzutage
schon alltäglichen Arbeiten am Patch des Hauptspieles an. Dies
geschah simultan zu den Konzeptarbeiten zum AddOn. Auch
„Verlängerung!“ wurde von Ascaron mit einem wöchentlichen
Entwicklertagebuch auf der Internetseite bedacht, welches von Anfang
Oktober 1997 bis Anfang Februar 1998 sogar sehr regelmäßig geführt
wurde (und inhaltlich das erste Tagebuch für mein Empfinden
übertraf). Hier wurde Mario Endlich als Leiter der
Qualitätssicherung auch dem breiten Publikum bekannt, ein Ascaronie,
der die Firma schon einige Zeit begleitete und noch viele Jahre
begleiten sollte.
Und
so kam dann im Februar 1998 das erste AddOn der Firma Ascaron auf den
Markt: Anstoss 2: Verlängerung. Die Rückkehr des
Nationaltrainermodus – natürlich mit EM und WM, dazu neue Szenen,
neue Trainersprüche von Dag Winderlich, dessen Stimme vielen tausend
Spielern auch sicher heute noch im Ohr ist (insbesondere der
berühmt-berüchtigte Schrei zur Halbzeitansprache). Auch die Presse
war sich einig, dass die Verlängerung eine gelungene Erweiterung des
Hauptspieles ist: Die Ergebnisse lagen zwischen 75% und 90%, abermals
hervorragende Ergebnisse für ein Spiel aus deutschen Landen,
insbesondere in einem quasi urdeutschen Genre. Die PC Games z.B.
vergab 89% für die CD und lobte ausdrücklich die wenigen Bugs im
Urspiel (!). Ein guter Grund für das Team, nach erfolgter
Lokalisierung für England und Frankreich über den Sommer ein wenig
in den Urlaub zu gehen, wenn auch die stark erwartete Fußball-WM im
benachbarten Frankreich für die amtierenden Europameister nicht so
erfolgreich verlief, wie wir uns das gewünscht hätten (Seltsam,
immer wenn ein Anstoss durch Erweiterungen um Features ergänzt
wurde, scheidet Deutschland im Viertelfinale einer WM aus – wollen
wir hoffen, dass diese Serie irgendwann bricht...).
Packshot von Anstoss 2 Verlängerung! |
Auch hier: Ein umfangreiches Handbuch gehört dazu. |
Im
Spätsommer 1998 erschien dann die logische Konsequenz – „Anstoss
2 Gold“. Gold, die gängige Benennung für ein Re-Release eines
Spiels inklusive des nachgeschobenen AddOns, in diesem Fall sogar
ergänzt um ein paar weitere Features wie Mannschaftssitzungen,
erweiterte Fanartikeloptionen und noch mehr Statistiken.
Packshot: Anstoss 2 Gold |
In der Mitte: Das Tips & Tricks-Buch, aus dem viele tiefere Informationen zur gesamten Anstoss-Reihe hervorgehen. |
Ascaron
machte dann auch direkt kein Geheimnis daraus, dass die Planungen für
Anstoss 3 schon sehr weit fortgeschritten waren, der PC Games-Test
von A2G in der Ausgabe 11/1998 sprach von einem Release schon Mitte
1999 (also bereits im folgenden Jahr!). Im Diskussionsforum auf der
Internetseite von Ascaron gab es schon länger Vorschlagsthreads zur
Sammlung der besten und beliebtesten Ideen und Vorschläge, so dass
Ascaron offene Türen einrannte. So ließ es sich die PC Games Ende
1998 nicht nehmen, Anstoss 2 Gold in einem umfangreichen Bericht
nochmal von den Lesern beurteilen zu lassen: Was waren die besten
Features, was sind die größten Kritikpunkte, was sind die größten
Wünsche für Anstoss 3? Sogar die ersten Screenshots des zukünftigen
Stadiongelände-Bereiches waren zu sehen. Ein deutliches Zeichen
dafür, wie weit die Entwicklung des Nachfolgers schon
fortgeschritten war. Jeder der Anstoss-Spieler hatte so die
Möglichkeit, seine eigenen Ideen und Gedanken in dieser
Feedbackrunde zu äußern und sich ernstgenommen zu fühlen. Ein
wichtiger Schritt dazu, große Nähe zu den Fans aufzubauen, was sich
auch in der weiteren Zukunft noch auszahlen sollte. Interessant war
die Aussage des Projektleiters Henrik Nordhaus bezüglich eines
möglichen Actionanteils: „Man wird sicher keinen Spieler selbst
steuern können. Die Verknüpfung von Management und Action wird von
unseren Spielern nicht besonders häufig gewünscht. Es würde auf
die Dauer sowieso der bessere Actionspieler gewinnen – das ist
nicht Sinn der Sache.“ Auch hier sollte die Zukunft das
Gegenteil beweisen...
Ganz
leise im Hintergrund werkelte Ascaron an einem weiteren Spiel. Zur
Veröffentlichung der A2-Verlängerung gab es dann die ersten
Presse-Previews (die sich alle sehr gut lasen) und kurz vor dem
Release von Anstoss 2 Gold wurde dann auch eine spielbare Demo
veröffentlicht. Auf den CDs der bekannten Spielezeitschriften
erschien im August 1999 diese Demo und rechtzeitig zum
Weihnachtsgeschäft dann die Vollversion: „Grand Prix 500ccm“,
eine Motorradsimulation. Alex Hofmann, seines Zeichens als Deutscher
Meister und Europameister der 250er-Klasse Star des Teams Racing
Factory, stand Pate für eine Simulation, die zu der Zeit relativ
wenig am Markt vertreten war. Ascaron war sogar Sponsor des Teams,
was durchaus bemerkenswert war. Die Idee, eine Motorradsimulation auf
die Beine zustellen, kam aus der Tatsache, dass, Zitat der
Ascaronwebseite: „ in einer Firma, in der fast die Hälfte der
Belegschaft den 1er Führerschein besitzt“ man nun doch diese Lücke
füllen wollte. Tatsächlich sprach die PC Action in ihrer Ausgabe
03/1998 davon, dass die bisher vorhandene „Marktlücke zum Wohle
aller Biker ab sofort als besetzt betrachtet werden“ kann.
Grand
Prix 500ccm war eine sehr auf Realitätsnähe bedachte Simulation des
durch die Erfolge des jungen Herrn Hofmann Ende der Neunziger ein
wenig gehypten Motorradsportes. Alle zu der Zeit erhältlichen
Motorradspiele waren deutlich actionlastiger, darunter das sehr gute
„Moto Racer“ von EA, „Motocross Madness“ (welches, wie ich
allerdings sagen muß, dann doch eher dem Typus der Simulation
entsprach) oder „Redline Racer“. Wieder einmal überraschte
Ascaron mit einem qualitativ guten Spiel, wenn auch die
Testergebnisse von ganz guten, wenn auch kritischen 70% der PC Games
über 79% der PC Joker bis zu sensationellen 87% der Power Play sehr
gemischt waren. Die Nähe zu einem echten Rennstall hatte einen
wertvollen Einfluß auf die Simulationsdaten. Insbesondere die
Auswertung der Renndaten waren zur damaligen Zeit sehr umfang- und
vor allem detailreich. Die aufgebohrte 3D-Engine von Anstoss 2
leistete zufriedenstellende Dienste, der PC Joker vergab z.B. eine
Grafikteilwertung von 79%. Daher gab es in den Credits auch eine
deutlich Überschneidung zwischen den 3D-Programmieren von Anstoss 2
und GP 500ccm.
Packshot: Grand Prix 500ccm |
Mit Autogrammkarte von Alex Hofmann. |
Das Cover der Playstation-Version. Auch hier wird das Spiel später bei Re-Releases mit diesem Cover veröffentlicht. |
Die
Projektleitung dieses Spiels war auf zwei Leute verteilt: Neben
Holger Flöttmann, der es sich weiterhin offenkundig nicht nehmen
lassen wollte, auch im Tagesgeschäft mitzuwirken, tauchte in
verantwortungsvoller Position Daniel Dumont auf. Seinem
Wikipediaeintrag zufolge war Dumont 1998 zu Ascaron gestoßen,
nachdem er vorher bei Ubisoft tätig war. Seine bisherigen Credits
lesen sich rückblickend betrachtet ein wenig wie eine
Parallelentwicklung zu dem bisherigen Spielekatalog unserer
Lieblingsfirma (u.a. wirkte er an F1 Racing Simulation und Redline
Racer mit und bekam auch ein „Special Thanks“ im DSF Fußball
Manager). Eine weitere nette Anekdote ist zudem, dass in dem Spiel
Hell-Copter (einem mäßigen, aber actionlastigen Helikopterspiel aus
1998) die beiden oben genannten Herren auch mit einem Special Thanks2
versehen wurden. Hell-Copter ist jetzt kein riesiger Erfolg gewesen,
aber vielleicht sagt euch das Spiel aus einem anderen Grunde was –
es war die allererste Vollversion auf den CDs der im November 1999
neu erschienenen Zeitschrift Computerbild Spiele.
Für
Anstossfans kann ich da nur drei Dinge vorbehaltlos empfehlen: Zum
einen gibt es für Anstoss 2 Gold das oben abgebildete „Tipps & Tricks“-Heft,
in dem die Entwicklungsgeschichte von Anstoss sehr schön dargelegt
wird. Und zum zweiten wird diese Geschichte im offiziellen
Strategiebuch zu Anstoss 3 um eben Anstoss 3 ergänzt. Das Heft zu
Anstoss 2 Gold ist offiziell als PDF zu finden (dazu ist es auch
Bestandteil sämtlicher Re-Issues von A2G). Das A3-Buch ist leider
„out of print“ und wird daher zu Mondpreisen gehandelt... Zum
abschließenden Dritten sei allen Anstoss-Fans folgende
Internetseite empfohlen: www.anstoss-juenger.de
– da werden Sie geholfen.
Stichwort
Special Thanks: Ein wenig früher, nämlich 1995, veröffentlichte
reLINE Software das Spiel „Biing“. Im Handbuch geht ein
ausdrückliches Dankeschön an die ASCON Software GmbH. Jürgen
Kersting wird ebenfalls als Spieletester aufgeführt.