Aus
der Krise mit dem Blockbuster (2003 – 2005)
In
den vergangenen Jahren kristallisierte sich immer weiter heraus, dass
die Schlagzahl höher wurde. Während man zu Beginn maximal ein
überschaubare Anzahl an Veröffentlichungen pro Jahr hatte (so z.B.
gab es im Jahr 2000 wie bekannt gerade zwei Releases), stand für
2003 nun ein wenig mehr auf dem Plan. Neben dem bereits genannten Big
Scale Racing, welches von einer kleinen Gruppe namens Bumblebeast
in den Niederlanden programmiert wurde, kam Anfang Januar 2003 der
Name Devastation ins Spiel: Das Spiel der Digitalo Studios
sollte von Ascaron lokalisiert und beworben werden. Devastation ist
ein völlig untypisches Ascaron-Spiel: Im Genre der
First-Person-Shooter angesiedelt und für die Zeit auf einem hohen
technischen Standard dank Unreal-Engine. Neben der allerdings völlig
ausgelutschten Standard-08/15-Dystopie-Hintergrundgeschichte fiel die
Offenheit für Modifikationen positiv auf. Angekündigt für den
März war dies ein weiteres Spiel, welches nur von Ascaron vertrieben
werden sollte und neben BSR keine Eigenentwicklung war.
Und
mit den Ankündigungen von Big Scale Racing und Devastation nicht
genug: Sacred wurde bereits für das 2. Quartal 2003
angekündigt, ein Spiel, auf das ich mir zunächst keinen Reim machen
konnte, weil ich bis zu dem Zeitpunkt weder Diablo noch sonst ein
Action-RPG gespielt hatte (und ich gestehen muss, dass ich damit echt
was verpasst hatte!).
Doch
noch bevor auch nur eines der genannten Spiele auf den Markt kommen
sollte, traf die Mitarbeiter in Gütersloh eine weitere
Hiobsbotschaft. Nach den gesammelten Fettnäpfchen um den Release von
Anstoss 4 sah Ascaron sich nun genötigt, aufgrund eines schwachen
Marktumfeldes und eines „unter den Erwartungen liegenden
Geschäftsverlaufes“ eine umfangreiche Restrukturierung im
Entwicklungsbereich durchzuführen. Im Klartext bedeutete dies, dass
fast die gesamte interne Grafikabteilung entlassen wurde – nach
heise.de ging es um immerhin 16 Grafiker - und dazu alle freien
Mitarbeiter gleich mit auf die Straße gesetzt wurden.
In
dem sehr umfassenden Artikel „Die Akte Ascaron“ von der
Gamestar1,
der in gewisser Hinsicht als Inspiration für diesen Blog diente,
kommt Guido Eickmeyer diesbezüglich zu Wort. Anstoss 4 konnte im
wesentlichen als Grund für die Schieflage ausgemacht werden, denn
als Neuentwicklung mit einem unerfahrenen Team bei viel zu hohen
Erwartungen gab es irgendwann finanzielle Zwänge, die Ascaron dazu
nötigten, das Spiel auf den Markt zu bringen. Auch, wenn man
zwischen den Zeilen lesen kann, dass sogar der Projektleiter mit dem
veröffentlichten Produkt alles andere als zufrieden war. Dennoch:
Die erwarteten Verkaufszahlen blieben hinter den Erwartungen zurück,
nach dem Boom zu Release bleib Anstoss 4 in den Regalen liegen wie
Blei – und das zum Weihnachtsgeschäft. Dazu war mit Sacred ein
großer Titel in der Entwicklung, was bekanntlich anfangs immer erst
viel Geld kostet.
Ascaron
musste reagieren. Gerade bei Anstoss hatte sich Ascaron in den
vergangenen Jahren derart viel Kredit aufgebaut, dass es nun galt,
der Verbrennung der Marke entgegenzuwirken. Es war klar, dass Anstoss
4 nicht das Spiel war, was die treue Fangemeinde sich gewünscht
hatte. Aber vielleicht war gerade die Fangemeinde nun das, was
Ascaron zur Hilfe nehmen konnte? Bereits früh sammelte man wieder
Ideen von genervten Fans, die ihren Lieblingsmanager weiterhin groß
sehen wollten, weil sie den zwar mit Originalnamen protzenden, aber
irgendwie immer distanziert wirkenden FM von EA einfach nicht ins
Herz schließen konnten. Dazu wurden weiterhin Patches für A4
veröffentlicht, aber leider immer noch mit dem Problem, dass
progressive Ankündigungen für weitere Patches terminlich kaum
eingehalten werden konnten.
Es
traf sich für Ascaron damit sehr gut, dass wir die Fanpage eröffnet
hatten. Unsere erste, richtig offizielle Nachricht war damals die
o.g. Restrukturierungsankündigung, die uns damals schon ins Mark
traf – gerade eine Fanpage gemacht, und nun könnte schon wieder
alles vorbei sein? Nicht mit uns. Nach Absprache mit Ascaron riefen
wir quasi zeitgleich das Fanfest 2003 ins Leben. Mal einen Blick
hinter die Kulissen werfen, vielleicht ein paar neue Freunde
kennenlernen, zusammen eine Runde zocken. Und vor allem: Eine
versöhnliche Geste! Ich weiß nicht, ob Ascaron direkt Feuer und
Flamme für diese Idee war, aber die Absage des geplanten Fanfestes
2001 war mit Sicherheit eine Motivation für die Firma, wieder ein
Fanfest zu machen, auch wenn die Ressourcen knapp waren. Stefan
Gebenus hat uns damals eine Weile unterstützt, so dass wir doch
vorsichtig gesagt etwas überrascht waren, dass er Ende Februar die
Firma verlassen wollte. Aber ehrlich gesagt: Wer wollte ihm das
verdenken?
So
kam dann Big Scale Racing (BSR) im Februar 2003 auf den Markt:
Was uns erwartete, war ja schon im Dezember bekannt, da Ascaron
damals eine nette Demo veröffentlichte, die mir als
Rennspielliebhaber direkt zusagte. BSR war eine Versoftung eines
beliebten Hobbys, vor allem in den Niederlanden, nämlich ein
Modellauto-Rennspiel. Die Autos im Maßstab 1:5 brettern durchaus
anspruchsvoll, aber leicht erlernbar über die realen Pisten, dazu
drei Ligen mit unterschiedlichen Computergegnern und auch ein
Multiplayermodus. Obendrauf neben einem schönen Easteregg in einer
Spielhalle auch ein relativ komfortabler Skineditor. Das Spiel war
kein Hit, aber ein netter Zeitvertreib. Die PC Games vergab 69%, ein
Wertung die ich persönlich zu gering finde. Auch heute noch immer
noch mal eine Runde wert. 2004 gab es übrigens vom Hersteller selbst
ein Update mit neuen Autos und neuen Strecken, doch diese sind
inzwischen im Internet verschollen, da es die Seite nicht mehr gibt.
Packshot von Big Scale Racing |
Mit
einiger Verzögerung – was an den Entwicklern, nicht an Ascaron lag
– kam dann im April auch Devastation in die Regale, wie
schon erwähnt, ein Egoshooter mit (leider langweiligem und
standardisiertem) Zukunftsszenario. Vor allem wollte Ascaron mit der
Physikengine werben, was durchaus gelang. Allerdings hatten die
Hersteller wohl leider vergessen, eine ansprechende KI einzuarbeiten,
jedenfalls war Devastation ein (in guten Sinne) total
durchschnittliches Spiel, von dem quasi nie wieder was gehört wurde.
68% bei 4players.de, 72% bei der Gamestar. Interessant bei
Devastation ist folgendes: Das Spiel war ursprünglich und zu Beginn
nur als MP-Mod zu Unreal gedacht, doch die Entwickler merkten bald,
dass die Idee doch zu einem eigenständigen Spiel reichen würde.
Doch der dem Producer leichtsinnigerweise zugesagte
Singleplayer-Modus sollte dem Projekt beinahe das Genick brechen, was
die schwache KI erklärte. Denn die Digitalo Studios hatten bislang
mit Singleplayerentwicklungen überhaupt nichts am Hut und mussten
dort durch eine harte Schule.2
Ascaron versüßte den deutschen Fans das Spiel aus dem hauseigenen
Webshop mit einem T-Shirt und vorab verteilten kostenlosen Demo-CDs.
Nach ein paar abschließenden Patches war Devastation bereits ab
Mitte August für nur noch 25 Euro zu erhalten. Und die bittere
Schlußpointe: Die Firma Digitalo wurde im übrigen im November 2003
geschlossen.
Packshot von Devastation |
Das T-Shirt der limitierten Auflage aus dem Ascaron-Webshop |
Im
April 2003 wurde dann durch eine PC Games-Reportage3
auch dem breiten Volk bekannt gemacht, dass neben dem „fast
fertigen“ Sacred auch Port Royale 2 in der Entwicklung sei
(geplantes Release: Februar 2004) und dazu fleißig an Anstoss 5
gearbeitet würde. In der Reportage wurde für den Fan eines
deutlich: Auch Ascaron selbst war überrascht und erwartungsvoll, was
Sacred anging. Holger Flöttmann sagte selber, Sacred wäre ein
„etwas ungewöhnliches“ Spiel für Ascaron und Hans-Arno Wegner
als Projektleiter kämpfte offensichtlich mit der Koordination
zwischen Gütersloh und Aachen als Sitz von Studio II. In der
Reportage wurde es nicht erwähnt, doch im Forum gingen Gerüchte um,
es solle ein weiteres Spiel kommen, eine Hommage an einen guten alten
80er-Titel. Mit Port Royale in der Hinterhand war der Gedanke
schnell, dass eines der Lieblingsspiele jedes C64-Veteranen namens
Pirates! eine tolle Idee für eine Neuauflage wäre. Doch auf
der E3 im Mai 2003 kündigte Sid Meier die Neuauflage seines Pirates!
selbst an, so dass die Hoffnung auf ein „Pirates! Reloaded“
leider vererst zerplatzte. Vorerst.
Währenddessen
waren die Planungen für das Fanfest in vollem Gange. Für uns als
Fanpage war dies relativ unvorbereitet ein großes Event, was wir
aber dank Stefan Renz (und der Seite www.fanfest.de.vu)
irgendwie doch koordiniert bekamen. Dank der langsam wachsenden
Verbindungen zu den großen Internetportalen der Gamestar und der PC
Games waren wir sogar zu einer verlässlichen Quelle geworden.
Ascaron hielt sich bedeckt, bis zum großen Tag. Nur wenige
Neuigkeiten kamen an das Tageslicht wie ein Ereignis-Wettbewerb für
Anstoss oder die endgültige Box für Sacred (die mir bis heute nicht
so gut gefällt).
Das verworfene Sacred-Cover |
Das
Fanfest am 04.07.2003 sollte zu einem Höhepunkt sowohl in der
Geschichte Ascarons als auch für uns werden. 120 Gäste, Führungen
durch die heiligen Hallen, Vorgucker auf in der Entwicklung
befindliche Spiele und Gespräche mit den Leuten hinter den Pixeln.
Wir wollten wissen, was nun mit Anstoss passiert, wie Sacred
tatsächlich aussieht, und was überhaupt so los ist.
Überraschenderweise gab es unheimlich viele Infos für uns:
Zunächst: Aus Anstoss 4 wurde Anstoss 4 Edition 03/04 (A4E).
Das Spiel sollte im Midpricesegment rauskommen und für den
enttäuschten A4-Spieler sollte es eine günstige Umtauschaktion
geben – A4 plus geringer Aufpreis gleich A4E (13 Euro in
Deutschland, 15 Euro aus Österreich). Sacred befand sich in einem
stabilen Alphastatus und konnte von uns dort angespielt werden (mit
umfangreichem Feedbackbogen inklusive). Neben Port Royale 2 befand
sich ein Spiel namens Tortuga in der Entwicklung, ein Port
Royale ohne ausbordenden Wirtschaftsteil, welches sogar schon in der
Betatestphase war (also doch ein Pirates-Remake?). Und zu guter Letzt
war Vermeer 2 ebenfalls in der Mache – das sollte die
80er-Hommage sein. Und die Fanpage hatte diese Infos zuerst. Ein
Ritterschlag für unser Projekt, auf das wir heute noch stolz sind.
Und
so erwarteten wir erneut eine Anstoss-Veröffentlichung im Oktober
2003, keine 11 Monate nach der Urversion. Die Farben wurden geändert,
der Alien-Fahrradsattel entfernt (Kenner wissen was ich meine), Guido
Eickmeyer spendierte der Fanpage sogar ein Entwicklertagebuch. Und
der Sympathieträger des Spiels, der Pallino kehrte endlich wieder
zurück. Der Betatest wurde öffentlich ausgeschrieben und es gab
gute Gespräche zwischen Ascaron und den Fans. Auch die Kritiker
waren sehr angetan von der neuen Version, die sowohl optisch als auch
inhaltlich endlich wieder mit der bekannten Leichtigkeit daherkam:
Jede Instanz verlieh 80% und besser (die PC Action sogar 83%), und
auch die Fans wirkten versöhnt. Es war jedoch auch kein Geheimnis,
dass Ascaron auch bei A4E nachbessern musste: Es sollte eine große
Reihe von Patches folgen, die auch durch neue Features glänzten (wie
z.B. die schwarze Kasse im Fanpatch, der viele Wünsche der Community
einfügte), die letzte Versionsnummer war die 1.7. Dennoch konnte man
sagen, dass die Edition zwar irgendwie immer noch das Stigma des
ungeliebten Anstoss 4 mit sich trug, aber das beste daraus machte.
Ascaron war wieder auf einem guten Weg. Anstoss war zwar nicht so
durchgestylt wie der Fussball Manager von EA, aber es gab wieder
Unterscheidungspunkte durch manche Features, die ein Lizenzprodukt
nicht bieten konnte. Die Planungen für ein echtes Anstoss 5 konnten
weitergehen. Jedoch: Im Nachgang zu A4E teilte Anstoss-Projektleiter
Guido Eickmeyer mit, dass er Ascaron zu Beginn 2004 verlassen würde.
Packshot von Anstoss 4 Edition 03/04 |
Quasi
zeitgleich – nur eine Woche später – kam dann auch Tortuga auf
den Markt, was allerdings zwischenzeitlich in Piraten –
Herrscher der Karibik umbenannt wurde. Piraten kam den
WiSim-gewohnten Spielern schon ein wenig komisch vor, da es
tatsächlich einen sehr großen Actionteil hatte und die
Handelsaspekte zugunsten der schnellen Zugänglichkeit fast auf ein
Minimum reduziert wurden. Erneut bot Ascaron damit ein Spiel an,
welches eher den Gelegenheitsspieler ansprach (wie z.B. Big Scale
Racing oder auch in Teilen Ballerburg). Diese Entwicklung machte
vielen Fans Sorgen. Die Erwartung war, dass eine beinharte
Wirtschaftssimulation wie Patrizier 2 endlich fortgesetzt werden
würde. Doch so lagen die Hoffnungen bei Port Royale 2.
Packshot von Piraten: Herrscher der Karibik |
Diverse Lokalisierungen von Piraten. Bemerkenswert ist, dass sowohl Port Royale als später auch Tortuga als Titel für Ascaronspiele herhalten mussten. |
Piraten
selbst war für Ascaron ein Glücksfall. Überspitzt gesagt als
Beschäftigungstherapie für tätigkeitslose Programmierer erdacht,
basierte Piraten auf der Engine, die auch in Port Royale werkelte.
Das Spielprinzip war eine Neuauflage des bereits erwähnten Pirates!.
Die PC Games titelte im Test „Der rechtmäßige Pirates-Nachfolger“
und vergab gute 76%. Looki.de war sogar bei 86%, während die
Gamestar mit 68% mal wieder eine demotivierende Wertung vergab. Für
den Gelegenheitsspieler ist Piraten auch heute immer mal einen Blick
wert, gerade in Anbetracht der nicht überzeugenden Neuauflage des
tatsächlichen geistigen Vorgängers. Erstaunlicherweise war Piraten
für Ascaron sehr erfolgreich, was am geringen Aufwand von
kolportierten fünfzig- bis hunderttausend Euro und am günstigen
Verkaufspreis lag.
Über
das ganze Jahr hinweg waren aber weder Anstoss noch Piraten oder gar
Devastation das Thema von Ascaron. Wie bereits geschildert, arbeitete
in Aachen eine Tochterfirma von Ascaron, das Studio II an Sacred.
Studio II war verantwortlich für die Fertigstellung des Spiels, doch
die kreative Leitung lag in Gütersloh bei Hans-Arno Wegner. Ein
unkluge Entscheidung, auch in Zeiten von Skype und Web-Konferenzen.
Doch davon bekam nach außen hin niemand etwas mit. Nach außen hin
wurde Sacred als „the next big thing“ vermarktet: Die Homepage
von Ascaron war voll mit aktuellen Meldungen, Links zu Previews,
Infohäppchen und Screenshots, dass man fast den Überblick verlor.
Ein bislang nicht gekannter Hype um das Spiel begann, denn der
Zeitpunkt für ein neues Action-Rollenspiel war gut: Diablo 2 war im
Juni 2000 veröffentlicht worden und war seither Platzhirsch. Doch
die PC-Gemeinde verlangte inzwischen nach einer den technischen
Möglichkeiten angepassten Version, höhere Auflösung, MP-Modus,
mehr Quests, mehr Sammelwut, mehr Eastereggs und am besten genauso
eingängig bedienbar. Das Tolle war: die Presse und die ersten
Previews versprachen genau das! Ob auf der E3 in Los Angeles im Mai
2003, wo die erste spielbare Version präsentiert wurde und Ascaron
mit einem Preis für das innovativste Rollenspiel der E3
ausgezeichnet wurde oder einige Monate später auf der Games
Convention in Leipzig: Ascaron kleckerte nicht, es klotzte.
Die
Folge war für die Ascaron-Anhänger aber unübersehbar: Das normale
Forum wurde von Interessierten geflutet: Während man mit Patrizier-
oder auch Anstoss-Spielern eher den normalen BWL-Studenten ansprach
(um mal ein Klischee zu bedienen), kam nun eine völlig andere
Käuferschicht dazu: Jüngere Spieler als die, die sich bislang im
Forum tummelten, da sich die bisherige Genreausrichtung von Ascaron
mit Sacred neu orientierte. Die einzig richtige Entscheidung von
Ascaron kam schnell: Das Sacred-Forum, bislang Bestandteil des
allgemeinen Ascaron-Forums wurde entnommen und bekam sogar eine
eigene Domain. Der Nachteil – auch für uns als Fanpage – trat
jedoch damit auch deutlich zutage: Ab sofort mussten wir uns in noch
einem weiteren Forum aufhalten und den Verlauf mitverfolgen. Ich
persönlich war nach dem Fanfest 2003 sehr angetan von Sacred und
habe mich schon bald für den Betatest beworben, auch wenn mein
Rechner gerade die technischen Mindestvoraussetzungen erfüllte.
Erfreulicherweise durfte ich sogar teilnehmen, und an dieser Stelle
sei nochmal ausdrücklich Torsten Allard für seine Unterstützung
gedankt, der es mir mit viel Initiative ermöglicht hat, auch
wirklich tätig zu werden.
Mitte
August 2003 gab Ascaron offiziell bekannt, dass Take 2 Interactive
als Vertrieb für vier Spiele fungieren würde: Neben Sacred sollte
auch Vermeer 2, Port Royale 2 und Tortuga durch die weltweit bekannte
Firma (u.a. durch die GTA-Serie) veröffentlicht werden. Nach den
beiden Veröffentlichungen von Anstoss 4 Edition 03/04 und Piraten –
Herrscher der Karibik ging der Fokus voll auf Sacred über, wenn auch
im Hintergrund an den oben genannten Spielen fleißig gewerkelt
wurde. Ein Cover wurde verworfen, ein neues der Öffentlichkeit
präsentiert. Anfang November 2003 wurde der frühe Februar 2004 als
Releasetermin für Sacred festgezurrt. Die Previews wurden immer
euphorischer, die Erwartungen größer. Dann noch eine Verzögerung:
Der endgültige Releasetermin soll der 27. Februar 2004 sein. Die
Demo kam ein paar Tage eher und war ein absolutes Kaufargument.
Holger Flöttmann stand sogar dem Handelsblatt zu einem Interview zur
Verfügung, in dem von 400.000 Vorbestellungen gesprochen wurde. Alle
Spielemagazine veröffentlichen seitenlange Tests und in einem sind
sich auch heute noch alle einig: Sacred ist ein Hit!
Packshot von Sacred |
...und das war alles in der Erstauflage drin. Sehr opulent. |
Lokalisierte Cover von Sacred. |
Die
PC Games verteilt 85%, die Gamestar vergibt 87% und den Gold-Award.
4Players.de verteilte 81%. Sacred ist wie schon beschrieben ein
Action-RPG: Es geht nicht um die Geschichte, sondern viel mehr darum,
den Helden aufzubauen und zu verstärken. Ascaron geizte nicht mit
Quests, verlor aber ein wenig den roten Faden der Hauptstory zwischen
all den Nebenquests und sonstigem Allerlei. Ein unfassbare Menge an
Eastereggs hat es in das Spiel geschafft, sei es die unzählbare
Menge an Grabsteinen, die über ganz Ancaria verteilt sind –
beschriftet mit blöden Sprüchen und Namen versierter Betatester –
oder auch die Statuen oder NPCs, die mit popkulturellen Anspielungen
glänzen. Mit reichlich Atmosphäre versorgt machte es einfach auch
Spaß, mal die Soundkulisse eine Weile über Kopfhörer zu genießen,
sich die Umgebung mal anzuhören, den frechen Goblins zu lauschen
(Insider kennen den „Schniepel!“) oder dem Geplapper der
Dorfbevölkerung. Und doch … Sacred war bei Release fehlerhaft. Wen
wundert es.
Erneut
musste Ascaron mit der Kritik leben, ein unfertiges Spiel
veröffentlicht zu haben. Und wahr ist auch, dass Sacred doch mit
einer ganz erheblichen Menge an Patches geflickt werden musste, bis
es mit Version 1.7 im August endlich weitestgehend fehlerfrei war.
Über die kommenden Monate wurden regelmäßig weitere Patches
veröffentlicht, und schon bald gab es die Ankündigung, dass es
einen „großen“ Patch geben würde, der insbesondere Probleme im
Multiplayer beheben sollte. Ascaron meinte es aber meistens auch gut
mit den Spielern, denn oft ging mit den Fehlerbehebungen auch das ein
oder andere neue Feature einher. Gerade bei Sacred konnte man das
relativ gut verfolgen: Die ersten Patches waren tatsächlich im
wesentlichen Bugfixes. Doch als dann absehbar war, dass die Bugs
nicht kurzfristig behoben werden konnten, entschied man sich, den
Patches auch neue Features hinzuzufügen, um die Spieler ein wenig zu
besänftigen. Gerade mit Patch 1.7, der „letzte“ große Patch vor
der Neuen Auflage, wurden doch einige namhafte Features hinzugefügt,
die es nach der Meinung mehrerer Spieler eigentlich schon zu Beginn
hätte geben können, darunter der Überlebensbonus (besseres Loot
bei längerem Überleben), der Handelsbildschirm im MP oder auch der
komplett neue Schwierigkeitsgrad Niob.
Sacred
war ein Bombenerfolg – sowohl in Deutschland als auch im Rest der
Welt. Bereits nach 4 Wochen hatte man über 100.000 Exemplare
verkauft und bekam dafür den Gold-Award des VUD (Verband der
Unterhaltungssoftware Deutschland). Damit reihte sich Sacred in die
eigenen Verkaufsschlager wie Anstoss 2, Anstoss 3 oder Patrizier 2
ein (um sie später sogar noch zu übertrumpfen). Das Spiel wurde in
alle möglichen Sprachen übersetzt, so gibt es neben der englischen
auch eine französische, eine spanische und sogar eine tschechische
Version.
Der
oben schon genannte Patch 1.7 wurde am 31. August veröffentlicht.
Etwas weniger als drei Wochen zuvor wurde für den Oktober die Neue
Auflage von Sacred zum günstigeren Preis in Aussicht gestellt:
Vollgepackt mit einer langen Liste weiterer neuer Funktionen (neue
Regionen, neue Missionen, neue Gegner, neue Sets) sollte dies aber
ausdrücklich kein AddOn sein. Das besondere an der Neuen Auflage
bzw. Sacred Plus, wie es im Ausland genannt wurde (oder
„Sacred, wie es zum Release hätte sein sollen“ von zynischen
Mitarbeitern), war, dass das notwendige Update 1.8 den Besitzern von
Sacred in der Releaseversion kostenlos zur Verfügung gestellt werden
sollten. Eine ähnliche Vorgehensweise gab es ja schon bei Port
Royale, allerdings war der Umfang dann doch deutlich höher. Ein
feiner Zug, das musste man sagen, denn das Upgrade war schon
erheblich.
Die neue Auflage sah bis auf den Aufkleber genau so aus wie die alte Auflage. |
Dazu
wurde Mitte August auch bekannt, dass Ascaron an dem offiziellen
AddOn Underworld arbeitete, welches dann für das erste
Quartal 2005 in die Releaseliste aufgenommen wurde. Hier waren sogar
zwei neue Charaktere angedacht, dazu eine erheblich vergrößerte
Spielwelt und natürlich wieder Unmengen neuen Loots.
Man
sieht: Das Jahr 2004 war beherrscht von Sacred. Lange Zeit in der
Mache, wahnsinnig erfolgreich, und dazu von umfangreichen
Marketingmaßnahmen flankiert: Es gab Sacred-T-Shirts, eine Handvoll
Romane, die im übrigen gar nicht so übel waren, dazu eine
Soundtrack-CD und sogar ein großformatiges Lösungsbuch. Aber gerade
2004 war ein besonders intensives Jahr für Ascaron, denn neben
Sacred gab es noch eine Menge weiterer Spiele, die auf die Marktreife
warteten. Und insbesondere in 2004 war die Liste so lang, wie in
keinem Jahr zuvor – und wie in keinem Jahr danach.
Zunächst
einmal wurde Ende April auch die von vielen bereits sehnsüchtig
erwartete Fortsetzung des karibischen Strategiespiels Port Royale
veröffentlicht. Nach dem Motto „Mehr vom gleichen“ war Port
Royale 2 aber keineswegs, im Gegenteil. Nach dem Erfolg von
Piraten – Herrscher der Karibik, welches ja auf Basis der
PR2-Engine programmiert wurde, wollte man das Spiel international
tauglich machen. Weniger WiSim, mehr Action. Das war vielen
Die-Hard-Spielern allerdings nicht recht, denn wenn die Seeschlachten
und Fechtduelle wollten, dann würden sie halt zum Spin-Off greifen.
Dennoch war die Presse gut zufrieden mit dem von Daniel Dumont
ordentlich geleiteten Projekt – die Gamestar vergab tolle 85%, die
PC Games sogar fantastische 89%! Das schöne Spiel wurde von
erstaunlich wenig Begleiterscheinungen geplagt, auch das
nachträgliche Bugfixing hielt sich in Grenzen. Alles in allem möchte
man sagen: Ein typischer Dumont-Titel im besten Sinne. Sehr schön
auch, dass den Betatestern, die sich besonders engagiert hatten,
namentlich im Handbuch gedankt wurde. Als Gimmick gab es im
Ascaronshop eine limitierte Auflage mit einer Stoffkarte der Karibik
als Dreingabe.
Packshot von Port Royale 2 |
Die Stoffkarte aus dem Ascaron-Webshop |
Witzige
Anekdote am Rande – jedenfalls aus heutiger Sicht: Die Firma
Elkware, die inzwischen schon selbst einige Jahre aufgelöst ist, hat
in Lizenz die Handyumsetzungen von Sacred und Port Royale 2 in den
damals gängigen Java-Umgebungen erstellt. Den Google Play Store oder
den iOS Appstore gab es damals noch nicht, aber die beiden Spiele
lassen sich noch heute im Internet finden.
Im
Juli gab es dann einen weiteren, sehr wichtigen Termin: Am 16. sollte
es zu zwei Events gleichzeitig kommen: Neben dem Release von Arena
Wars, einem innovativen Echtzeit-Strategiespiel in 3D, hatte
Ascaron uns Fans erneut zu einem Fanfest geladen! Das Interesse war
dieses mal besonders hoch, da das Internationale Forum durch die
Sacred-Ausweitung auch ein hohes Interesse hatte. Und tatsächlich
waren an einem trüben Tag in Gütersloh neben Gästen aus Österreich
und der Schweiz auch jede Menge Leute da, deren Muttersprache nicht
deutsch war: Belgier, Niederländer und wenn die Erinnerung nicht
täuscht, war sogar jemand aus Finnland da! Dieses Fanfest war auch
ein wichtiges Treffen (die Geburt des legendären „Funky Mummy
Dance“), aber da die kommenden Veröffentlichungen wie Vermeer 2
oder das nun offiziell erschienene Arena Wars jetzt nicht die
Strahlkraft wie Sacred im Vorjahr hatten, fehlte ein wenig das
Besondere. Dazu kam ja auch, dass Sacred nicht in Gütersloh
entwickelt wurde und da kein direkter Einblick in den
Entwicklungsstand des AddOns möglich war – wenn man mal von der
Webcam auf der Sacred-Webseite absah. Es war jedoch zu merken, dass
sich in der Belegschaft von Ascaron einiges tat, denn eine Handvoll
bekannter Namen waren nun nicht mehr dabei, dafür war aber eine
erhebliche Sacred-Fraktion mit vor Ort, Leute, die man halt noch
nicht so gut kannte. Dennoch war es eine schöne Veranstaltung und
die bereits im Vorjahr geäußerten Wünsche nach jährlicher
Wiederholung wurden lauter. Außerdem hatten die Fans das
Fußballspiel gegen die Ascaronies verloren und riefen nach Revanche.
In Vorjahr hatten die Fans deutlich mit 13:6 gewonnen! Dieses Jahr
allerdings mussten wir uns nach Elfmeterschießen geschlagen geben,
da halfen auch die schönen individuell beflockten Trikots nicht, die
wir gesammelt bestellt hatten.
Doch
kommen wir noch kurz zu Arena Wars, einem Spiel, welches seiner Zeit
voraus war. Heutzutage ist diese Art zu spielen gang und gebe, doch
diese Command&Conquer-Variante von Schere-Stein-Papier mit
Webcam-Unterstützung war 2004 noch neu. Das Spiel selbst, von
Ascaron nur vertrieben, war ein Geheimtipp mit Midprice-Segment.
Viele gute Tests wurden veröffentlicht, von 78% in der PC Games bis
zu 86% auf einigen Internetseiten. Das Spiel war insofern tatsächlich
ein Geheimtipp, denn auch wenn man nie kommerziell wirklich
erfolgreich war, bekamen die Entwickler namens exDream entertainment
2004 den 1. Platz in der Kategorie „Innovation“ beim deutschen
Entwicklerpreis. 2007 wurde das Spiel als Arena Wars Reloaded mit
besserer Grafik wiederveröffentlicht und 2012 folgte sogar Arena
Wars 2. Dies sollte das letzte, nicht selbst entwickelte Spiel im
Vertrieb von Ascaron sein.
Packshot von Arena Wars |
Auf
dem Fanfest konnte man auch schon den ersten Blick auf Vermeer 2
werfen, eine aktualisierte Version des altbekannten Klassikers. Der
Windows-Vorgänger war auch von Ascaron entwickelt (s. Kapitel 3),
doch nun war das Team ein völlig anderes, Daniel Dumont war als
WiSim-Spezialist wieder eingebunden. Als nettes Retro-Revival wurde
für den Kopierschutz eine Decoderbrille mit roter Folie dazugefügt
(die in späteren Auflagen aber zugunsten einer einfachen
Handbuchabfrage weggelassen wurde). Vermeer 2 war erneut ein Spiel im
Midprice-Segment und stellte das vierte Spiel im Vertrieb von Take 2
dar. Simpel, aber liebevoll aufgemacht urteilte die Gamestar
zunächst, doch die Testergebnisse sprachen in Zeiten von Spielen wie
GTA San Andreas, World of Warcraft oder Sims 2
das aus, was viele dachten: Ein überholtes Spielprinzip mit noch
zuviel C64-Anteil statt innovativer Erneuerungen. 67% verteilte die
Gamestar, 61% die PC Games. Mehr als durchwachsen. Irgendwie wirkte
Vermeer 2 eher wie eine Fingerübung als wie ein ambitioniertes
Spieleprojekt, denn angesichts der maximal behutsamen Erneuerungen im
Spiel fragte man sich als Besitzer von Vermeer schon, warum man
Vermeer 2 denn eigentlich kaufen sollte.
Packshot von Vermeer 2 |
Doch
mit rundum erneuerten Spielen war noch nicht genug: Während Mitte
August noch ein Patch für Anstoss 4 Edition 03/04 veröffentlicht
wurde, gab es bereits zwei Wochen später die Newsmeldung, dass im
Oktober 2004 eine komplett überholte Version der Edition namens
Anstoss 2005 erscheinen wird: Das aktuellste Regelwerk, mehr
Illegales, neue Ansprachen. Diese Meldung wurde ein wenig skeptisch
aufgenommen, da sich Ascaron damit in einen Updaterhythmus begab, den
man gerade in Anbetracht der Konkurrenz von EA eigentlich nie wollte.
Dies sollte das dritte Anstoss in drei Jahren werden, immer noch
basierend auf dem Programmkern von Anstoss 4. Zu gute halten konnte
man dem neuen, alten Anstoss jedoch, dass im Team nun eine gewisse
Konstanz eingetreten war, dadurch, dass mit Ingo Bertram nun einer
der zahlreichen Konzeptautoren von A4 alle konzeptuellen Fäden in
einer Hand hatte. A2005 trat optisch deutlich erfrischt auf, hatte
mit Krombacher auch einen sehr namhaften Sponsor und kostete bei
Release keine 30 Euro. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass A2005 eine Neuauflage der Edition ist, um damit auch keine
falschen Erwartungen zu schüren. Dennoch, so mein Urteil, war A2005
die seit langem beste Anstoss-Version und konnte aufgrund einer guten
Spielbarkeit mit einer unglaublichen Langzeitmotivation aufwarten und
– je nach Spielweise – war es möglich, die magische Grenze „1
Abend, 1 Saison“ zu knacken. Die Presse war kurioserweise nicht
mehr ganz so überzeugt, was aber durchaus an der Weiterentwicklung
des Fussball Managers von EA lag. Die Testurteile waren um die 75%
angesiedelt, was im Vergleich zum Vorgänger schon ein Rückschritt
war. Auch hatte Ascaron einiges getan in Sachen Bugfixing, man muß
ironischerweise schon fast lobend erwähnen, das A2005 nach nur zwei
Patches weitestgehend absturzfrei läuft. Für den, der sich aus den
neueren Anstossspielen eines ansehen möchte, dem würde ich immer
noch zu A2005 raten, weil das Spiel stabil läuft, gut gereift ist
und auch unter Windows 10 noch problemlos läuft. Es mag sein, dass
einem die Europapokal-Regeln etwas komisch vorkommen, aber wenigstens
werden wir nicht mehr durch ein Silver Goal belästigt... Eine
Besonderheit zu A2005 sei noch erwähnt: Im ersten Patch, der im
November 2004 als „Feature-Pack“ beworben wurde, hatte die
Fanpage ihre Finger im Spiel. Wir haben damals von der Community
Ereignisse gesammelt, von denen einige dann per Patch eingebaut
wurden. Ein weiteres Zeichen dafür, wie ernst Ascaron unsere Belange
nahm.
Packshot von Anstoss 2005 |
Die Fanbabes hatten auch einen Auftritt außerhalb des Monitors. |
Wenig
später gab Ascaron dann bekannt, dass zum einen Betatester für das
Sacred-AddOn gesucht würden und zum anderen, dass Piraten: Herrscher
der Karibik einen offiziellen Nachfolger namens Tortuga: Rache der
Piraten bekommen sollte – der Releasetermin wurde
optimistischerweise im 1. Quartal 2005 avisiert. Doch heute wissen
wir: Geschichte wiederholt sich, und da gab es doch mal dieses Spiel
namens Elisabeth I., welches auch leichte Releaseverzögerungen
hatte.
Kurz
nach Jahreswechsel deutete Ingo Mohr im Forum an, das Ascaron an
einem neuen Projekt arbeitet, welches uns alle „sehr freuen“
würde. Tatsächlich wurde Ende Januar offiziell, dass (mit
Sicherheit auch dank des finanziellen Erfolgs von Sacred) an Anstoss
2006 gearbeitet wird. Ronny Harzendorf erklärte den Namenswechsel
wie folgt:
„ANSTOSS
5 und ANSTOSS 2005 würden einfach nicht mehr auseinander gehalten
können, gerade im Support. Das stellen wir immer wieder bei ANSTOSS
4 International und Edition 03/04 fest. Schon allein aus diesem Grund
wird ANSTOSS ab sofort Jahreszahlen tragen.“
Anstoss 2006 wurde als echte Neuentwicklung vorgestellt und würde
auch zum Vollpreis verkauft. Im Rahmen der nahenden
Fußball-Weltmeisterschaft erhoffte sich Ascaron natürlich einen
weiteren Verkaufseffekt. Wenn man der Namensgebung anderer Spiele
folgte, konnte man eine Fertigstellung des Spiels noch 2005 erwarten,
denn z.B. der FM 2005 wurde Ende 2004 auf den Markt geworfen.
Vor
der Veröffentlichung des Sacred-AddOns Sacred:
Underworld
wurde bekannt, dass in Deutschland inzwischen 200.000 Exemplare von
Sacred verkauft wurden, woraufhin der Platin-Award des VUD Ascaron
als Auszeichnung überreicht wurde. Insgesamt soll sich Sacred
weltweit übrigens rund zwei Millionen mal verkauft haben. Eine
hervorragende Zahl für ein kleines Unternehmen wie Ascaron. Dazu ist
das Spiel auch immer noch bei Steam oder GOG erhältlich.
Was
erwartete den Käufer nun ab März 2005? Underworld sollte Sacred um
beachtenswerte 40% Spielwelt erweitern, bot zwei weitere Charaktere
und natürlich unzählige neue Items. Durch das AddOn wurden dazu die
fehlerbehafteten Zufallsquests aus dem Originalspiel entfernt und
durch richtige Quests ersetzt, was den Wiederspielwert erhöhte. Auch
das AddOn erhielt richtig gute Bewertungen (z.B. 86% in der
Gamestar), störend zeigte sich nur die fehlende Durchgängigkeit,
weil man vom Hauptquest nicht ohne Zwischenstopp im Menü die
Unterwelt betreten konnte. Dem genauen Betrachter stellte sich
Underworld jedoch ein wenig verändert als das Ur-Spiel dar. Der
Zeichenstil war leicht verändert, aber die dem AddOn zugrunde
liegende Story war immer noch wenig immersiv. Jetzt stellt sich
natürlich die Frage, ob einen gestandenen Action-RPG-Spieler das
überhaupt stört, aber das muss jeder für sich selbst beantworten –
ich denke immer wieder, dass es schwer fällt, die Hauptquest von den
vielen Nebenquests zu unterscheiden. Weniger (Quests) wäre mehr
(Spielerlebnis) gewesen.
Packshot von Sacred Underworld |
Wie im oben bereits verlinkten
Gamestar-Artikel ausgeführt, wanderte die Verantwortung nach dem
großen Erfolg von Sacred von Gütersloh nach Aachen, so dass Franz
Stradal, seines Zeichens Leiter von Studio II, nun auch mehr seine
Ideen und Visionen einfließen lassen konnte. Als Mitte 2005 Sacred
2
offiziell angekündigt wurde, waren von Underworld rund 50.000
Exemplare verkauft worden. Grund genug, auch das Lösungsbuch neu
aufzulegen und Underworld mit einzuarbeiten.
Im
Spätsommer auf der Games Convention überraschte Ascaron die
Spielewelt mit dem Spiel Darkstar
One,
ein Weltraumspiel im Stile von Elite,
Freelancer
oder Privateer,
welches von Daniel Dumont entwickelt wurde. Das Spiel sollte das tote
Genre wiederbeleben und versprach auf den ersten Screenshots ein
Grafikfeuerwerk sondergleichen. Dazu versprach das Spiel die
Integration eines funktionierenden Warensystems, denn das hatte das
Team um Dumont ja in den letzten Jahren perfektioniert. Bereits
Anfang 2006 soll das Spiel in den Regalen stehen... aber das nehmen
wir ja schon lange nicht mehr für bare Münze.
Neben
den tollen Nachrichten auf der Games Convention, dem erfolgreichen
Sacred und den neuen Projekten in der Pipeline gab es noch eine
wesentliche Änderung im Betriebsablauf: Ascaron zieht um! Die Räume
an der Dieselstraße waren proppevoll, mehr als renovierungsbedürftig
und dazu kommunikationstechnisch nicht mehr up-to-date, so zog man im
August an die Verler Str. 6 in Gütersloh. „Mit
der moderneren Infrastruktur setzen wir auf ein noch dynamischeres
Wachstum und weitere Expansion“,
so Holger Flöttmann auf der Ascaron-Webseite dazu.
Mit
Sacred
Gold,
die Mitte Oktober zum günstigen Preis veröffentlichte Verquickung
von Hauptspiel und AddOn, kommen wir nun langsam zum letzten Atemzug
was Sacred 1 angeht. Die Gold-Version war sehr umfangreich, denn
neben dem Spiel war auch die Soundtrack-CD dabei, was natürlich die
Limited Edition der Erstauflage ein wenig verwässerte.
Packshot von Sacred Gold |
Der
Jahreswechsel naht. Mehrere Spiele sind in der Entwicklung: Darkstar
One,
Anstoss
2006
und Tortuga
– Two Treasures
in Gütersloh und Sacred
2
in Aachen. Die Verzögerungen an Tortuga (welches zwischenzeitlich
den Namen gewechselt hatte und für April 2006 auf der Agenda stand)
wurden mit der Einarbeitung einer umfangreichen Geschichte von Bob
Bates und Noah Falstein erklärt. Anstoss 2006 war sogar schon für
Februar 2006 im Kalender vermerkt. Und Ascaron expandiert
tatsächlich: Bernhard Ewers, der bereits an Sacred mitwirkte, wird
Geschäftsführer einer neuen GmbH, der Quality
Four GmbH
in Potsdam. Geschäftszweck dieser Gesellschaft soll es sein,
Dienstleister für andere Software-Unternehmen zu sein und deren
Qualitätssicherung durchzuführen. Es wirkt noch heute ein wenig wie
Hohn, dass ausgerechnet eine Firma, deren jüngste Produkte oft nur
durch mehrere Patches lauffähig wurden, nun eine Firma gründete,
die genau diese Unsitte abstellen sollte. Die andere Sichtweise wäre
natürlich, das Ascaron die eigenen Defizite erkannt hat und damit
abstellen möchte, doch dazu später mehr.
Und
mit diesem Ironiestreich leite ich nun über in das letzte Kapitel
der Historie von Ascaron, in dem sich zeigen wird, dass sich
getroffene Managementfehlentscheidungen bei Projekten im Umfang eines
Sacred 2 multiplizieren und bitterböse rächen werden.
2 Dazu
folgender Bericht der Gamestar:
http://www.gamestar.de/spiele/devastation/artikel/producer_gruselgeschichten,37656,3011628.html
3 Diese
hier: https://www.youtube.com/watch?v=mMpszpyPDKc