Hallo zusammen,
long time no hear. Ich habe in der Zwischenzeit nicht viel in Sachen Ascaron gemacht, allerdings habe ich die einzelnen Teile zu einer netten PDF (14,4 MB!) zusammengefasst. Der Download ist hier:
Download bei MEGA
In den kommenden Wochen und Monaten plane ich noch, für alle Spiele, einen kleinen Review zu verfassen, ähnlich wie ich es bereits gemacht habe. Aber aktuell habe ich wenig Zeit - beruflich bedingt.
Trotzdem: Diese Seite ist nicht eingeschlafen!
Samstag, 5. November 2016
Montag, 5. September 2016
Die Liste
Ascarons Spielehistorie:
06/1992: Der Patrizier (erschien 02/1993 als „CD-ROM-Edition“; auch für den Amiga veröffentlicht)
10/1993: Anstoss (erschien 06/1994 als „CD-ROM-Edition“; wurde auch für Amiga veröffentlicht)
06/1994: Anstoss World Cup Edition (erschien auch für den Amiga)
07/1994: Hanse – Die Expedition (erschien auch für den Amiga)
01/1996: Pole Position
06/1996: Elisabeth I.
11/1996: Hexagon-Kartell, Das
03/1997: Vermeer: Die Kunst zu Erben (Windows-Version)
08/1997: Anstoss 2
02/1998: Anstoss 2: Verlängerung (Add-on zu Anstoss 2) (18.02.1998)
09/1998: Anstoss 2 Gold (Verbindung von Anstoss 2: Verlängerung und Anstoss 2 mit neuen Features)
11/1998: Grand Prix 500ccm (erschien auch für die PlayStation im Dez. 1999 und bei späteren Re-Releases unter dem Namen Extreme 500, da die Lizenz für den Namen ausgelaufen war.)
02/2000: Anstoss 3 (10.02.2000), PS-Version im Juni 2000
11/2000: Patrizier 2
05/2001: Anstoss action (03.05.2001)
05/2001: Anstoss 3 Meisteredition (Verbindung von Anstoss 3 und Anstoss action mit neuen Features)
06/2001: King Of The Road
Insolvenz 09/2001
Wiedergründung 02/2002
10/2001: Patrizier 2 – Aufschwung der Hanse (AddOn zu Patrizier 2)
11/2001: Ballerburg (erschien auch für die PlayStation) (07.12.2001)
03/2002: Patrizier 2 Gold-Edition
06/2002: Port Royale (erschien einige Monate später inkl. Mini-Erweiterungen als Port Royale Gold) (14.06.2002)
11/2002: Anstoss 4 (29.11.2002)
02/2003: Big Scale Racing
04/2003: Devastation (18.04.2003)
10/2003: Anstoss 4 Edition 03/04 (17.10.2003)
10/2003: Piraten: Herrscher der Karibik (24.10.2003)
02/2004: Sacred (erschien 29.10.2004 mit neuen Features als „Sacred - Neue Auflage“) (27.02.2004)
04/2004: Port Royale 2 (30.04.2004)
07/2004: Arena Wars (16.07.2004)
09/2004: Vermeer 2 (10.09.2004)
10/2004: Anstoss 2005 (29.10.2004)
03/2005: Sacred Underworld (Add-on zu Sacred bzw. „Sacred - Neue Auflage“) (24.03.2005)
10/2005: Sacred Gold (14.10.2005)
05/2006: Darkstar One (18.05.2006)
08/2006: Anstoss 2007 (11.08.2006)
01/2007: Tortuga - Two Treasures (26.01.2007)
10/2008: Sacred 2 - Fallen Angel (erschien 05/2009 auch für PS3 und Xbox 360) (02.10.2008)
08/2009: Sacred 2 - Ice & Blood (Add-on zur PC-Version von Sacred 2 - Fallen Angel)
Sonntag, 4. September 2016
Die Ascaron-Chronik: Kapitel 8
Ascarons
Vermächtnis (2010 bis heute)
Ascaron
war Geschichte und der letzten Atemzug von Studio II war das
in Eigenregie gebastelte AddOn zu Sacred 2 „Ice &
Blood“. Nun ging es für die Entwicklerlandschaft nur noch
darum, die besten Stücke aus der Haushaltsauflösung von Ascaron
und Studio II zu ergattern.
Die
Rechte an Sacred, die wohl stärkste Marke aus der
Insolvenzmasse, gingen an Koch Media. Wer den Spielemarkt
aufmerksam verfolgt hat, der weiß, dass die Marke „Sacred“
für noch einige Spiele verwendet wurde, darunter Sacred Citadel,
einen belanglosen Sidescroller, der nur als Downloadtitel erschien
und die ganz üble Fortsetzung Sacred 3, die 2010 bereits
angekündigt wurde und 2014 erschien. Das eigentliche Spielprinzip
der offenen Welt und des Sammelns von Loot wurde komplett geändert
und kann daher eigentlich nicht wirklich als Sacred-Nachfolger
zählen. Dazu gibt es seit Sommer 2016 auch Sacred Legends für
Android und iOS auf dem Smartphone, ein Pay-to-win-Rollenspiel mit
ansehnlicher Grafik.
Für
die eigentlichen Assets, die Ascaron zu bieten hatte, sprang
dann Kalypso Media ein: Der Spielehersteller aus Worms kaufte
ziemlich alle erwerbbaren Lizenzen und Marken (kurioserweise aber
nicht die Marke Ascaron selbst): Anstoss, Patrizier,
Pole Position und einige mehr. Mit Hilfe von Kalypso
konnte Daniel Dumont die Gaming Minds Studios gründen,
die eine Handvoll gestrandeter Ascaroonies einstellten. Dieses Studio
darf daher höchst offiziell als Nachfolger von Ascaron
gelten! Und mit den Veröffentlichungen von Dumont lebten auch
einige Spieleserien erfolgreich weiter: Im Juni 2010 kam die
Umsetzung von Dark Star One auf die Konsolen. Patrizier IV
folgte im Januar 2011 (natürlich mit einem späteren AddOn und einer
Goldversion) und auch Port Royale wurde mit Teil 3 im Juni
2012 erneut fortgesetzt – ebenfalls mit einem AddOn und der
obligatorischen Goldversion im August 2013. Rise of Venice und
Grand Ages: Medieval setzen die WiSims von Daniel Dumont
erfolgreich fort, angepasst an die Spielerwünsche der 2010er Jahre.
Ob wir noch eine weitere Fortsetzung der bekannten Reihen erleben
werden, kann noch niemand sagen.
Kalypso
selbst bzw. entsprechende kleinere Studios brachten dann noch zwei
Versionen von Pole Position (PP 2010 und PP 2012)
heraus: Beides Midprice-Formel 1-Simulationen, die allerdings eher
durchwachsen waren.
Sämtliche
Anfragen bei Kalypso, ob die Marke Anstoss je wieder
belebt wird, wurden bislang abgeblockt und wir haben uns auch damit
abgefunden, dass es wohl keinen Fußballmanager der alten Schule je
wieder geben wird. Die Spielelandschaft hat sich einfach zu sehr
verändert. Auch, wenn die Gamestar sich fragt, warum eigentlich...
Bemerkenswert
ist, dass zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen Ende August 2016
die tatsächliche Marke „Ascaron“ noch immer beim
Insolvenzverwalter liegt. Allerdings ist dessen Markenschutz am
31.07.2016 abgelaufen. Es könnte sich also jemand finden, der die
Marke erwirbt – aber denkt dabei nicht an mich, sooo verrückt bin
ich dann doch nicht. Der Gedanke wäre allerdings reizvoll...
Fakt
ist: Wenn man von Sacred absieht, wurden eine der namhaften
Ascaron-Marken zuletzt 2013 verwendet. Für Sacred 2
wurden am 01.04.2012 die Onlineserver abgeschaltet. In gewisser
Hinsicht muß man also tatsächlich Abschied nehmen, denn den guten
Namen, die Spiele wie Patrizier oder Anstoss einst
hatten, hat Ascaron verspielt. Sicher konnten die Gaming
Minds Studios da mit den Fortsetzungen erheblichen Kredit wieder
einspielen. Doch für mich ist relativ deutlich, dass mit den letzten
beiden Spielen Rise of Venice und Grand Ages: Medieval
ein Schritt nach vorne gemacht wurde und man neue Ideen in neue
Spiele mit neuen Namen stecken muss. Anstoss 3 und Patrizier
2 sind nun sechzehn Jahre alt. Die Namen von einst sind heute
längst nicht mehr soviel wert wie 2009. Alle einstigen Ascaron-
und Studio II-Programmierer sind hoffentlich längst woanders
untergekommen, haben neue Jobs (z.B. bei bundesliga.de wie ich weiß)
oder erkunden neue Lebensabschnitte. So geht es mir auch.
Und
damit bin ich nach viel Arbeit, viel Recherche und einer Menge Freude
am Schaffen am Ende meiner Chronik angelangt. Ich hoffe, die Lektüre
hat euch Spaß gemacht und ihr konntet noch ein paar Dinge lesen, von
denen ihr vorher nichts wusstet. Bei der Recherche für diesen
Bericht habe ich jedenfalls viel erfahren. Es gibt aber auch noch
immer so vieles, was ich nicht weiß und was ich wohl auch nie
erfahren werde – denn einige Anfragen versandeten komplett und
manch einer wollte nicht mehr an die Ascaron-Zeit erinnert
werden. Es war aber auch umgekehrt, dass ich plötzlich einen
Gesprächspartner fand, wo ich nicht glaubte, einen zu bekommen. Aber
vielleicht habe ich ja nochmal die Gelegenheit, ein Interview mit
Holger Flöttmann selbst zu führen. Wer weiß.
Freitag, 2. September 2016
Schlußpfiff und Verlängerung: Das Ende der Fanpage und ein Revival
Ein
fantastischer Start. Meine eigene Registrierung in der
Ascaron-Community war der 09. Januar 2002. Die Fanpage wuchs
2003 schnell und in viele Richtungen und hatte schon bald eine
englischsprachige Schwesterseite. Neue Features wurden eingebaut –
vom Geburtstagskalender (den das damalige Forum nicht anbot) über
diverse blogähnliche Beiträge unterschiedlicher Thematik bis zum
Releasecountdown. Was im offiziellen Forum gerade ein heißes
Gesprächsthema war, konnte man bei uns in regelmäßig erstellten
Topiclisten sehen. Wir führten Interviews mit allen möglichen
Mitarbeitern und bewahrten manche ironische Idee für die Nachwelt
auf, z.B. den Teichsimulator von Ingo Mohr. Dazu unterstützte uns Ascaron
nach einiger Zeit bei jedem Release mit Freiexemplaren für die
Community und Promoartikeln zu Verlosungszwecken. Im Gegenzug halfen
wir bei der Organisation der Fanfeste und bekamen sogar eine
offizielle Einladung im April 2006 für eine Präsentation einer
Alphaversion von Anstoss 2007 – damals noch als Anstoss
2006 bekannt.
Doch
zu dieser Zeit wandelte sich einiges. Während Stefan Gebenus
schon länger nicht mehr dabei war und auch Anstoss-Intimus Guido
Eickmeyer einen neuen Arbeitgeber hatte, verließ bekanntlich
auch Dr. Michael Bhatty 2005 unsere Lieblingsfirma. Die
ursprünglichen Ansprechpartner für uns änderten sich, und neue
Namen kamen hinzu. Leute, die als professionelles Bindeglied zwischen
der Community und den Ascaronies fungieren sollten, damit den
gewachsenen Anforderungen im Marketing und Pressebereich Genüge
getan wird. Immerhin war Ascaron dank Sacred und Take
2 nun in einem erlesenen Kreis von namhaften Spieleentwicklern,
was erhöhte Aufmerksamkeit in Medien und Onlinemagazinen einbrachte
– und uns als privat geführte Seite ein bisschen in die Zwickmühle
brachte. Denn zum einen wollten wir Ascaron nicht vorführen
oder schaden, zum anderen waren wir aber immer sehr froh über
unseren Fanbonus, der sich in den bereits erwähnten exklusiven
Neuigkeiten für die Fanpage manifestierte.
Nicht
nur Ascaron änderte sich: Einige der Mitglieder verschwanden
spurlos, andere starteten eigene Projekte, die deren Kräfte in
Anspruch nahmen (sei es z.B. Ganymeds Seite „Spielemeer“,
die unter Fortunecity lief – was es nun auch nicht mehr gibt - oder
mein eigenes berufsbegleitendes Studium). Dazu merkte ich auch, dass
die Seite meinen eigenen Ansprüchen nicht mehr genügte. Wir hatten
zwar ein rudimentäres CMS implementiert, was ich bis heute super
finde (weil meine Programmierfähigkeiten in etwa meinen
fussballerischen Fähigkeiten entsprechen), aber ich wollte mehr
Ordnung, mehr Möglichkeiten und vor allem mehr „Lexikon“. Doch
bevor ich mich diesem Thema ernsthaft zu wenden konnte, brach
irgendwann, irgendwie etwas entzwei.
Nach
gut zehn Jahren fällt es mir schwer, den einen Punkt zu benennen,
der letztlich den Ausschlag dazu gab, die Fanpage vorübergehend
einzustellen um komplett vom Netz zu nehmen. Durch die Neuordnung der
Foren zerfaserte die Community komplett in Sub-Gruppen, die sich nur
für Ihre Spiele interessierten. Es gab auf der Sacred-Seite
ein Sacred-Forum, auf der Homepage für Anstoss 2007
gab es ein Anstoss-Forum (immerhin für alle Teile), Darkstar
One hatte auch ein eigenes Forum spendiert bekommen. Die Folge
war klar: „Die“ Community, die sich noch vor einigen Jahren in
einem einzigen Forum tummelte, existierte in der Forum nicht mehr.
Zwar blieb das Ascaron-Forum weiterhin bestehen, aber der
Austausch wurde deutlich geringer, da es quasi für jedes halbwegs
aktuelle Spiel eine eigene Anlaufstelle gab. Die Welt hatte sich
weiterbewegt. Und mit ihr auch wir Fans.
Vielleicht
war es aber auch das böse Spiel um Anstoss 2007, welches
insbesondere mir derart übel aufstieß, dass ich mich veranlasst
fühlte, ein Statement zu äußern. Immerhin waren wir auch nach
einigen Jahren immer noch Anlaufstelle für die Onlineredakteure von
PCGames.de oder Gamestar.de, wie wir wußten. Wir
wollten zeigen, dass da Entwicklungen vorangingen, die wir
langjährige treue Fans nicht guthießen. Ob es was gebracht hat –
das vermag ich nicht zu sagen. Einen ähnlich vertrauten Kontakt wie
zu Geburt der Fanpage mit Stefan Gebenus, Guido Eickmeyer
oder später auch Torsten Allard (auf den ich gleich noch kurz
zu sprechen komme) gab es trotz Professionalisierung einer solchen
Stelle nicht mehr.
Viele
andere Fans der ersten Stunden, die sich auch heute noch in einem
privaten Forum treffen, diskutierten rege mit den
Ascaron-Angestellten in den unterschiedlichen Foren, doch man
merkte einfach zu sehr, dass die einstige Fannähe nicht mehr
vorhanden war. Insbesondere die Anstoss-Jünger waren nach den
Vorkommnissen um Anstoss 2007 sehr vor den Kopf gestoßen, was
aus meiner bescheidenen Sicht einer der größten Fehler in den
letzten Jahren von Ascaron war.
Dennoch
fiel mir ein, dass Torsten Allard, seines Zeichens für mich
erster Ansprechpartner in allen Betatests und auch darüber hinaus,
die Fans aufrief, den Wikipedia-Eintrag von Ascaron etwas
aktueller zu gestalten, weil er als Firmenangehöriger da nicht die
notwendige Neutralität aufbringen konnte. Das Prinzip der Wikipedia
ist ja sicher jedem Leser bekannt, daher erläutere ich die Grundidee
nicht näher. Ich beschäftigte mich aber mit dem Thema – genauer
habe ich Torsten diesbezüglich sogar eine ausführliche Email
geschrieben – und stellte fest, dass das Wiki-Grundgerüst eine
freie Software war. Sprich, viel komfortabler als unser CMS und
deutlich lexikonähnlicher, als unser Urauftritt je war. Der Vorteil
war auch, dass man die bisherigen Inhalte noch verwenden konnte, aber
dennoch für jeden erkennbar war: Die Fanpage ist tot, es lebe die
Ascapedia.
Und
mit diesem Grundgedanken, einer DVD randvoll mit JPGs und PDFs, die
Torsten Allard mir freundlicherweise schickte und dem neuen
Logo von Litti ging dann deutlich inhaltsreduzierter, aber
viel offener Anfang 2007 die Ascapedia an den Start. Es war zu schade
um all die Details, als diese einfach auf einem toten Server
rumliegen zu lassen. Und diese DVD ist noch immer die Quelle für
meine Packshots und Logos.
Zwar
war die Ascapedia auch nie wirklich fertig, und nach der Insolvenz
von Ascaron gab ich das Projekt dann doch irgendwann komplett
auf – aber die Leidenschaft für diese kleine, aufstrebende und
doch an eigenen Fehlern gescheiterte Firma ließ mich nie so richtig
los. Ich hatte zwar einen Teil meiner einst vollständigen Sammlung
verkauft – und einige Sachen suche ich noch immer günstig zu
erwerben – aber die verbliebenen Schätze blieben gut gelagert.
Naja,
und mit dem Nahen des 25. Jahrestags der Gründung von Ascaron
wollte ich dann all das, was ich erlebt habe, die vielen netten
Kontakte mit Stefan, Harald, Daniel, Richy,
Chris, Monic, Gernot, Sebastian und wie
sie alle heißen, die Fachsimpeleien, das bisschen Insiderwissen und
die gute alte Zeit einfach nicht in Vergessenheit geraten lassen. Auf
der Fanpage 3.0.
Und
deshalb danke ich euch allen: Allen, die jemals Ascaron-Spiele
gespielt haben, allen, denen ich je im Forum begegnet bin, allen, die
weiterhin den Spielen wie Sacred oder Anstoss huldigen
und natürlich dir, lieber Leser. Ascaron war eine kleine
Firma, und heute, 2016, findet man kaum noch etwas darüber – bis
auf seltene Retro-Podcasts. Ich fülle hiermit eigentlich nur eine
Nische in der Nische der Retrogames. Aber Ascaron hat es
geschafft, mich irgendwie zu berühren. Pathetisch aber wahr. Und mit
diesem letzten Einwurf zurück zum letzten Kapitel dieser
essayistischen Chronik.
Mittwoch, 31. August 2016
Die Ascaron-Chronik: Kapitel 7
Hybris
bis zum bitteren Ende (2006 - 2009)
2006
– das Jahr des legendären Sommermärchens! Für die kommende Zeit
waren vier Spiele auf der Agenda: Darkstar One, Anstoss
2007 – passend zum Fußballhype der WM – und Tortuga: Two
Treasures, so lasen sich die Spiele fernab vom Megablockbuster
Sacred 2. Doch kaum war das Jahr gestartet, musste Ascaron
schon wieder die Planungen für Tortuga umwerfen: Noch im
Dezember für April 2006 angekündigt, verging der April sehr leise –
immerhin wurde aus April dann irgendwann das 2. Quartal.
Darkstar One hingegen rutscht Anfang 2006 komplett in den Fokus und wurde mit einem öffentlichen Betatest und zahlreichen Newsmeldungen auf der Ascaron-Homepage beworben.
Diese
klammheimlichen Releaseverschiebungen betrafen aber auch Anstoss
2007. Selbst kurz vor dem Release des Editors im Februar wurde
nicht kommuniziert, dass der Veröffentlichungstermin von A2007
verschoben werden würde. Irgendwie war das Spiel wohl doch noch
nicht soweit, aber über Monate gab es keinerlei Infos zum Spiel.
Angesichts des bereits verstrichenen Veröffentlichungstermins sorgte
dies für reichlich Unmut bei den Fans, doch dazu gleich noch mehr.
Darkstar One hingegen rutscht Anfang 2006 komplett in den Fokus und wurde mit einem öffentlichen Betatest und zahlreichen Newsmeldungen auf der Ascaron-Homepage beworben.
Packshot von Darkstar One |
Sehr seltenes Promo-T-Shirt, welches für Gewinnspiele zur Verfügung gestellt wurde. |
Tatsächlich
war Darkstar One eine hervorragende Idee, ein richtig gutes
Spiel. Das Genre der Weltraumspiele, vor vielen Jahren mit Elite
so grandios gestartet, lag seit 2003 und Freelancer brach.
Auch die Presse zeigte sich sehr angetan vom neusten Werk von Daniel
Dumont, dessen Release am 18. Mai dann weiterhin vor Tortuga
war. Die Gamestar wertete mit 86%, die PowerPlay 88%
und auch sonst worden durchgehend 80er Wertungen und besser verteilt.
Es sah alles nach einem Geniestreich aus! Doch der Markt entschied
sich anders: Die internen Erwartungen aufgrund der hohen Wertungen
wuchsen, aber unter dem Strich spielte DSO gerade einmal die
Kosten ein. Die ursprünglich angedachte Konsolenversion wurde
deshalb nach hinten geschoben – was der geplanten Konsolenversion
von Sacred 2 gut tat, denn das Team wurde daraufhin zu dieser
Aufgabe abkommandiert. Wie Daniel Dumont uns später in einem
Interview sagte, wurde DSO dann 2010 von Gaming Minds
(den quasi legitimen Nachfolgern von Ascaron) doch noch für
die Xbox360 umgesetzt, was zum einen schnell erledigt war und
zum anderen den Titel dann doch noch recht erfolgreich machte. Im
Laufe des Jahres wurde DSO dann auch zum Modden offiziell
durch einen Patch freigegeben, was für Ascaron doch
bemerkenswert war. Denn das Modden der Spiele war bislang aus Gründen
des damit nicht mehr zu gewährleistenden Supportes eher verpönt.
Tortuga:
Two Treasures wurde ja vollmundig angekündigt, aber in
allerschönster Manier trotz Releaseankündigung unter den Tisch
fallen gelassen. In den offiziellen Neuigkeiten auf der
Ascaron-Homepage wurde es zuletzt am 29. März 2006 mit einem
Preview der PC Games erwähnt und dann am 2. Mai mit ein paar
Screenshots angeteasert – um dann in internen Querelen zu
versinken. Tatsächlich sollte es bis zum 12. Dezember dauern, bis
die nächste offizielle Mitteilung zum Spiel verkündet wurde: Der
Releasetermin wurde auf Ende Januar 2007 festgelegt. Volle zwei Jahre
nach der allerersten Ankündigung und längst nicht mehr mit der
ursprünglichen Teambesetzung. Doch dazu später noch mehr.
Anfangs bekanntgegebenes Cover für Tortuga - später verworfen |
Im
Hintergrund passierte nämlich noch eine wichtige Veränderung:
Bislang war Holger Flöttmann alleiniger Geschäftsführer
„seiner“ Firma, was zu Beginn 2006 auch noch für eine Weile so
bleiben sollte. Im März 2006 wurde der in der Branche sehr erfahrene
Heiko tom Felde als „Director Publishing“ eingestellt, ein
Name, der uns in der kritischen Phase um Ascaron noch wieder
begegnen wird. Tom Felde war vorher bei TDK und THQ
in leitender Funktion tätig.
Wir
und die Fanpage zeigten uns weiterhin multimedial und machten ein
paar Radiostreams, in denen man ein wenig chattete und Infos
austauschte. Das hatten wir 2004 und 2005 auch schon mal gemacht,
aber im Februar 2006 machten wir quasi gleich zwei Radiosendungen
hintereinander. Diese sind mit 3 bzw. fast 2,5 Stunden zwar nicht mal
eben anzuhören, aber Harald gab alles in Sachen Musikauswahl
und kompetenter Moderation... Jedenfalls war ein Fanfest geplant,
natürlich in erster Linie als Anstoss-Fanfest, denn die
Organisatoren waren doch wie in den Jahren zuvor auch sehr
anstossverliebt. Und so planten wir bald zusammen mit Ascaron
ein Fanfest zum 15jährigen Jubiläum, welches letztlich am 8.
September stattfinden sollte, auch wenn zu Beginn noch nicht ganz
klar war, ob es ein reines fanorganisiertes Fest werden sollte, oder
ob Ascaron uns unterstützen würde. Einige der mit der
Fanpage assoziierten Fans waren zudem auch mit der Entwicklung von
Anstoss 2007 beschäftigt. Bereits bei A4 war die
Gruppe um das Project Userfile (eine privat organisierte
Gruppe von Anstossspielern, die es sich zur Aufgabe gemacht
hatten, regelmäßig und qualitativ hochwertig die Originaldaten der
Ligen zur Verfügung zu stellen) am Editor involviert. Bei der
Konzepterstellung für den Editor haben ein paar Leute daher beratend
zur Seite gestanden. Diese Kooperation mit den Endverbrauchern war
genau der Punkt, an dem wir Spieler wieder Hoffnung hegten. Wir
fühlten uns wieder ernst genommen und wir hatten auch den Eindruck,
dass Ascaron unsere Ideen, Einwände, Konzeptentwürfe und
Vorschläge annahm. Und Ascaron wusste um die Arbeit, die
hinter dem Userfile steckte und veröffentlichte den Editor bereits
Mitte Februar, um zum Release ein fertiges Userfile zumindest
ermöglicht zu haben.
Ursprüngliches Cover für Anstoss 2006 |
Zeitgleich
sammelten wir im Forum etliche Fragen, die wir dann Ascaron in
einem Interview stellen wollten, weil wie oben bereits geschildert
ein Termin ohne Spiel verstrichen war. Die Fans waren arg
strapaziert. Doch statt dieses Interviews bekamen wir eine Einladung
zu einer Vorführung des Spiels! Wohl auch, um die Community ein
wenig zu beruhigen und die bereits klaffenden Risse mit den Leuten zu
kitten, die noch immer als Multiplikatoren fungieren konnten (dazu
sei gesagt, dass wir in großen Teilen inzwischen als Moderatoren in
den unterschiedlichen Foren eingerichtet waren und so auch für
Ordnung sorgen durften). Die frühe Veröffentlichung des Editors und
der einst verkündete Termin legte nahe, dass A2006 gefühlt
eigentlich fast fertig sein musste. Als wir dann Mitte April also
eine lauffähige Alphaversion zu Gesicht bekamen, waren wir - auch
trotz der Verzögerung - ganz begeistert. Die höhere Auflösung, die
helleren Farben und auch die musikalische Untermalung machten einen
tollen Ersteindruck. Es wurde uns versichert, dass gewisse Sachen,
die wir live kritisierten, bereits in der Behebung waren, weil das
Finetuning im Hintergrund natürlich weiterhin stattfinde. Es war
eine tolle Runde, die uns A2006 schmackhaft machte und es ist
kein Geheimnis, dass viele der Teilnehmer und der bekannten Namen aus
dem Forum sich dem Betatest anschlossen (der im übrigen, soweit ich
das nachvollziehen kann, nie auf der Hauptseite von Ascaron
ausgeschrieben wurde).1
Im
Juni wurde nach monatelangem Stillschweigen zunächst aber
aus Anstoss 2006 endlich Anstoss 2007 – mit der damit
verbundenen Ankündigung, dass das geliebte Maskottchen Pallino
wieder dabei sein und dass die Veröffentlichung am 11. August 2006
in einer Jubiläumsedition erfolgen würde, sprich neben dem fairen
Preis von rund 40 Euro wurde dem Spiel noch Anstoss 2 Gold,
Anstoss 3, Anstoss Action sowie die Anstoss 4
Edition 03/04 beigelegt. Eine tolle Idee, die bei Tortuga: Two
Treasures nochmal wiederholt werden sollte. Ein Schelm, der dabei
denkt, dann kann ich wenigstens Anstoss 3 spielen, wenn mir
A2007 doch nicht soo gut gefallen sollte...
Währenddessen lief im Hintergrund der
Betatest, der offiziell am 4. Juli (Jahrestag des 2003er Fanfestes)
startete, nur knapp 5 Wochen vor dem bereits feststehenden Release!
Dieser
Betatest war allerdings ein richtiger Tiefpunkt für all diejenigen,
die sich Anstoss
oder Ascaron
verpflichtet gefühlt haben und ihre Freizeit investiert haben. Wir
mussten feststellen, dass wir Fehler um Fehler meldeten und diese in
der Bugdatenbank auch als erledigt gekennzeichnet wurden. Doch
kurioserweise tauchten diese dann manchmal doch wieder auf. Aussagen
aus der Präsentation – Details, die wir später auch öffentlich
gesagt hatten – waren bis zum Release unerledigt. Mehrfach
bemängelte Bugs waren in der Releaseversion immer noch da. Es war
ein Desaster, auch oder gerade für uns. Denn auch wenn wir es nicht
laut sagen durften, war vielen Leuten bekannt, dass wir an der
Fehlerbehebung beteiligt waren. Aber die Hände waren uns gebunden!
„Wie konntet ihr das übersehen!“ waren noch die freundlichsten
Anschuldigungen im Forum, und dank der unterschriebenen
Schweigeerklärung konnten wir uns nicht einmal rechtfertigen. Im
Gegenteil, auch eine Aufklärung blieb man uns anfangs schuldig. Ich
erinnere mich da an eine Kleinigkeit, die aus meiner Sicht aber
symptomatisch für das ganze Spiel war. In der verlinkten Preview aus
der Fußnote habe ich mich über die Stärken/Schwächen-Symbole
lustig gemacht. Während der Präsentation selbst habe ich schon
bemängelt, dass diese ja wohl kaum zu erkennen seien und dazu auch
noch potthäßlich wären. Einer der Anwesenden (dessen Name mir
wirklich entfallen ist) beteuerte, dass diese Symbole keineswegs die
endgültigen wären und in der finalen Version auf jeden Fall bessere
eingebaut werden würden, das ganze sei schon in Arbeit. Wer A2007
kennt, weiß: Diese Symbole wurden trotz fünf folgender Patches nie
geändert. Und der im Preview angesprochene Fehler im
Elfmeterschießen wurde tatsächlich erst mit dem ersten Patch
behoben. Warum, so stellte ich mir die Frage, gab es eigentlich
Quality
Four
in Potsdam, wenn man nicht in der Lage ist, einen Betatest in einem
unkritischen Abstand zum geplanten und kommunizierten Releasetermin
anzusetzen? Aber diese Frage wurde mir nie beantwortet.
Packshot von Anstoss 2007 |
Als
das Spiel dann pünktlich in den Läden stand, war ich als Tester
noch reichlich konsterniert. Dass es einen Day-One-Patch geben würde,
nein, geben müsste, war nicht nur mir klar. Diesem Patch
folgten noch Patch 2 Ende August, Patch 3 wenige Tage nach dem
Fanfest, Patch 4 dann Ende September und der finale Patch dann Anfang
2007. Die Liste der behobenen Fehler ist in einigen Details
genaugenommen ein Armutszeugnis. Ich behaupte nicht programmieren zu
können, aber mein Verstand hinterfragt schon, wie es zu einem Bug
wie „Die Einnahme der Marketingtour konnte niedriger ausfallen als
in der E-Mail angegeben.“ oder „In der ersten Saison wurden die
TV Gelder doppelt gutgeschrieben.“ kommen konnte.
Die Fans waren muffig.
Verständlicherweise. Sie schrieben sogar einen offenen Brief an
Ascaron, der einige mediale Unruhe verbreitete, der wiederum
Ascaron veranlasste, eine Stellungnahme zu veröffentlichen.
Kein leichter Job für die neuen Community Manager, denn nach dem
vierten Patch war die Erwartung, nun endlich ein ziemlich
fehlerfreies Produkt zu haben doch recht hoch. Heiko tom Felde
gab später gegenüber der Gamestar zu Protokoll: „Das Team
hat die von der Qualitätssicherung gemeldeten Bugs in der Liste
einfach als ›erledigt‹ gekennzeichnet.“
Ascaron wirkte nach dem vierten
Patch unschlüssig und kündigte schon im November 2006 an, dass es
„eine Diskussions- und Verhandlungsphase [gibt] in der entschieden
wird, wie das Produkt fortgeführt werden kann.“ Den größten
Aufschrei erlebte Ascaron allerdings dann, als auch dem
letzten Spieler klar wurde, dass der 5. Patch auch der letzte sein
würde. In einem weiteren offenen Brief erklärte Ascaron das
Kapitel A2007 komplett für beendet. Das „bisherige Konzept“
habe sein „logisches Ende“ erreicht. Die Community war entsetzt,
waren doch immer noch nicht alle Fehler behoben. Die Diskussionen
waren lang und nicht immer ganz sauber, doch Ascaron wich von
dieser Entscheidung nicht mehr ab. Das kostete erhebliches Ansehen,
auch wenn aus betriebswirtschaftlicher Sicht dieser schmerzliche
Schritt vielleicht nachzuvollziehen war. Möglicherweise kam er sogar
viel zu spät. Dennoch wendeten sich viele enttäuscht von Ascaron
ab und neben dem bereits bekannten, privaten Forum öffnete eine
weitere Plattform ihre Tore für all die Anstossspieler, die
sich nun austauschen und -kotzen wollten ohne administrative
Eingriffe etwaiger Ascaron-Angestellter:
www.anstoss-jünger.de. Noch immer online, und immer aktuell.
Widersprüchlicherweise waren die
Testergebnisse in den diversen Magazinen gut bis sehr gut: Von den
78% bei 4players.de bis zu 8,8/10 bei gamigo.de reichte
die Wertungsspanne. Ein wenig fragwürdig ist das ganze schon, denn
ein Großteil der Testergebnisse wurde bereits vor dem ersten Patch
bekannt – und wozu wären dann fünf Patches nötig gewesen, wenn
das Spiel doch so super ist...? Aber das ist eine Dauerproblematik
bei Spieletests. Festzuhalten ist dabei: Anstoss 2007 ist kein
schlechter Manager, das nicht. Aber die noch beibehaltenen
Logikfehler vermiesen einem die Einarbeitung in das Spiel, so dass
ich für mich entschieden habe, eher das ausgereifte, wenn auch
hoffnungslos veraltete A2005 zu spielen statt mich mit
möglichen Abstürzen über A2007 zu ärgern.
Der November 2006 war für Ascaron
noch ein wichtiger Patchmonat: Neben dem abschließenden Patch für
Darkstar One wurde sogar noch ein finaler Patch für Sacred
veröffentlicht, die Version 2.28, die auch heute noch im Netz zu
finden ist.
Und während sich ein Großteil der
Fans über den fehlenden 6. Patch für Anstoss 2007 grämt,
schafft das Team um Tortuga: Two Treasures endlich, das Spiel
fertig zu machen und auf den Markt zu bringen! Anfang 2007 ist es
endlich soweit. Das Spiel, um dessen Entwicklung man sich schon
Sorgen machte, und wenn man betrachtet, wie unterschiedlich die
Screenshots sich im Lauf der Zeit entwickelt haben, dann ahnt man,
das Tortuga eigentlich ein Kapitel für sich verdient hätte.
Man bedenke nur: Dass das Spiel in der Entwicklung ist, war seit
Anfang 2005 bekannt – nur zur Erinnerung: Damals avisiert für das
1. Quartal 2005. Im Dezember (da schon hoffnungslos verspätet) wurde
dann eine neue Story eingearbeitet. Erneut wurden wir für dumm
verkauft. Es war Ascarons gutes Recht, nicht jede Entscheidung
kundzutun, doch ein Spiel, welches Anfang 2005 fertig sein sollte,
was im Dezember dann mit einer neuen Hintergrundgeschichte versehen
werden soll und was dann für Monate totgeschwiegen wird – dieses
Spiel war doch eine weitere Katastrophe in der Entwicklungsabteilung.
Im Handbuch ist von Noah Falstein gar nicht die Rede, wir
verzeichnen fünf Game Designer aber keinen Projektleiter, und die
Person, die das ursprüngliche Tortuga als „Privateer in
der Karibik“ geplant hatte, taucht nur in den Special Thanks
auf. Offenkundig gab es in der Firma Strömungen, die einem
erfolgreichen Produkt entgegenstanden, doch ebenso offenkundig war
niemand in der Lage, dort reinen Tisch zu machen oder mal auf
selbigen zu hauen. So wurde durch Plan- und Ziellosigkeit massiv Geld
verbrannt, und dies nicht zum letzten Mal.
Packshot von Tortuga: Two Treasures |
Tortuga war kein schlechtes
Spiel, aber es war auch kein gutes Spiel. Die Schwerpunkte waren zu
unausgegoren, die Missionen nicht präzise genug und so fiel das
Spiel in der Presse durch: 68% bei der Gamestar, 69% bei
4players.de – der Tenor war klar. Öde Schlachten an Land,
wenig Freiheit, trotz guter Grafik, guter Synchronisation bei enormen
Hardwarehunger. Lediglich die bereits angesprochene Jubiläumsedition
machte Tortuga für viele schmackhaft, denn neben dem Vorgänger
Piraten: Herrscher der Karibik und Port Royale Gold war
auch Patrizier 2 Gold mit auf der DVD. Von 200.000 Euro
Einnahmen ist die Rede, viel zu wenig für ein dermaßen
zerschlissenes Projekt, welches kein Konzept hatte und mehrere
Projektleiter verbrauchte.
Um weitere Projekte wird es ruhig in
Gütersloh. Sacred 2 ist in der Mache, doch was kommt dann?
Die letzten Nicht-Sacred 2-Meldungen auf der Homepage von
Ascaron datiert auf den 1. Februar 2007, in der die Demo zu
Tortuga angepriesen wird. Danach – nur noch Sacred 2.
Dazu wird ab Februar bei der Quality Four GmbH Bernhard Ewers
nicht mehr als Geschäftsführer genannt – wie es scheint die
üblichen unterschiedlichen Auffassungen in der Zukunft der
Gesellschaft. In Wahrheit war er bereits seit Ende August 2006 gar
nicht mehr im Unternehmen beschäftigt, wie der Jahresabschluß der
Studio II GmbH per 31.12.2006 verrät.
Mit Sacred 2 biegen wir auf die
Zielgerade in Ascarons Chronik, lassen die großen Erfolge wie
Anstoss 2 und 3, Patrizier 2 und Sacred
hinter uns und wollen noch mal kurz rekapitulieren, wo wir stehen.
Durch den Überraschungserfolg von
Sacred darf Studio II in Aachen unter der Leitung von
Franz Stradal Sacred 2 quasi allein entwickeln. Das Team um
Daniel Dumont ist nach Darkstar One für die
Konsolenumsetzung von Sacred 2 eingeteilt, das Anstoss-Team
wird ebenfalls assimiliert. Alle Kräfte arbeiten nun am großen
Kassenschlager, der die Rekorde des Vorgängers brechen soll, noch
besser sein soll, dank echter 3D-Grafik umwerfend aussehen soll und
dazu auch endlich für die gängigen Konsolen rauskommen soll. Hohe
Ansprüche, gigantische Ziele. Für alle Außenstehenden besteht ab
2007 Ascaron nur noch aus Sacred 2. Die Homepage wird
dunkel eingefärbt, das Ascaron-Forum verwaist und die
WiSim-Spieler suchen sich neue Hersteller. Es wird unheimlich viel
geteasert, weil es auch viel zu teasern gibt: Monstermodelle,
Skizzen, die Zusammenarbeit mit Blind Guardian und so weiter
und so fort. Es wurden Romane veröffentlicht (die gar nicht mal so
übel waren) und Videos, Grafikdemos und 360°-Shots.
Doch Aachen und Gütersloh leiden unter
starken Kommunikationsstörungen und zu optimistischen Visionen und
Ansprüchen bei zu geringer Mitarbeiterführung und Kooperation
zwischen den beiden räumlich sehr weit voneinander getrennten Teams.
Im Dezember 2007 gibt es hinter den Kulissen einen Knall. Seit dem
Release von Tortuga gab es keine Veröffentlichungen und es
gab auch keine Pläne für andere Spiele. Das Geld war also knapp und
noch gab es keinen offiziellen Termin für Sacred 2. Alles
hing am seidenen Faden namens Sacred 2. Und das, obwohl man
vor nicht allzu langer Zeit noch mit einem breiten Spieleportfolio
auftrat und sich weltweit einen Namen gemacht hatte, drohte nun das
Ende – in der Art und Weise, wie es einst begonnen hatte: Mit einem
einzigen Spiel. Die Anteilseigner setzten durch, dass Heiko tom
Felde neben Holger Flöttmann zum Geschäftsführer
bestimmt wurde. Ersterer sollte sich künftig um die schwierigsten
Bereiche Finanzen, Marketing und Vertrieb kümmern, möglicherweise
die Themen, in denen Flöttmann Schwächen aufwies. Anfang 2008 wurde
Sacred dann offiziell verschoben - der Termin 1. Quartal ließe
sich nicht halten, nun war der September 2008 das Ziel. Was auch
bedeutete, dass man eine Truppe von bestenfalls 90 Personen –
Programmierer und andere Angestellte – von Februar 2007 bis
September 2008 Monat für Monat mit den oben genannten 200.000 EUR
Bruttoeinnahmen durchfüttern musste. Ein Ding der Unmöglichkeit –
und dennoch wurde nicht geschnitten oder gestrichen, sondern weiter
mit Features gewuchert. Über den genauen Entwicklungsprozeß möchte
ich gar nicht weiter erzählen, was aber auch daran liegt, dass hier
viel hinter verschlossenen Türen passierte und ich nach dem Beenden
der Fanpage erheblich weniger Kontakt zu Ascaron hatte als
noch zu besten Zeiten. Die Akte Ascaron der Gamestar
(Link weiter oben) und die im Internet dazu abgedruckten Leserbriefe
ehemaliger Mitarbeiter von Studio II zeigen, dass eine ganze
Reihe von Fehlern gemacht wurden. Auch wenn Studio II da eine
eigene, sehr dedizierte Meinung zu hatte, die man erahnen kann, wenn
man genau hinsieht.2
Sacred 2 wurde marketingseitig
als der Blockbuster zurecht gemacht, den Ascaron benötigt
hätte, um wieder in die Spur zu kommen. Es gab eine detaillierte
Homepage, auf der wirklich jedes Preview verlinkt wurde, es gab
Fanseitenkits mit offiziell nutzbaren Grafiken, Trailer, Votings,
Wallpaper und Konzeptzeichnungen, quasi alles was den Fan
interessiert. Im Juni wurde offiziell bekannt, dass Sacred 2
auch auf der PS3 erscheinen würde, im Juli gab es öffentlich
ausgeschriebene „Fokusgruppentests“ in Aachen bzw. Potsdam (Sitz
von Quality Four GmbH, ihr erinnert euch an die
Bugjägertruppe) und das finale Cover wurde bekannt gegeben. Jede
noch so kleine Information wurde als eigene Newsmeldung verkauft.
Mitte September folgte die Goldmeldung, die Demo wurde eine Woche
später veröffentlicht, der Release solle am 02. Oktober erfolgen.
Dazu war auch eine Collectors Edition aufgelegt worden, die den Namen
auch wirklich verdiente.
Sacred 2 hatte eine sehr
interessante Vertriebsidee: Das Spiel konnte jeder der wollte von der
DVD installieren, es war bei Spielstart kein Check geplant, ob die
DVD im Laufwerk war, was ja auch jetzt, etliche Jahre später, noch
immer ein probates Mittel zur Eindämmung von Raubkopien ist. Dazu
gab es aber eine Onlineverifizierung mit dem Spiele-Key, der nach
einem Tag abgefragt wurde – natürlich mit direkter Verlinkung in
den Ascaronshop, um den Key online erwerben zu können. Die
weiterführende Idee dahinter war, dass man die DVD an jedermann
weitergeben sollte, da man sich von diesem Verfahren versprach durch
erfolgreiches Probespielen die Hürde für den Kauf des Spiel
geringer zu halten als beim Demo-Download und den folgenden Gang in
den Elektromarkt. Dazu war die Marge für Ascaron natürlich
auch größer.
Natürlich gab es einen fetten 480
MB-Patch zum Release, der nach vier Jahren Entwicklung schon beinah
erwartet worden war. Stirnrunzelnd konnte man erneut zur Kenntnis
nehmen, dass der auf der Bugfixliste zuallererst
„Performanceverbesserung“ in allen Variationen auftauchte, ob in
der KI, in den Soundeffekten, im Questsystem oder oder oder. Man mag
es kaum glauben, aber nach vier Jahren konnte man wieder einmal mit
Fug und Recht behaupten, ein paar Wochen länger hätten dem Spiel
gut getan. Doch Ascaron war in einem wirtschaftlichen Zwang,
der sich nicht noch länger hätte halten können. In Hochzeiten
waren 94 Leute an Sacred 2 beschäftigt, die alle ihr Gehalt
bekommen wollten und sowieso schon Überstunden ohne Ende machten.
Studio II hatte sich dazu den legitimen Luxus eines
Betriebsrates gegönnt, hier waren die Hürden dazu noch höher –
was die Sorgenfalten in der Führungsetage mit Sicherheit noch
vertiefte.
Um die finanzielle Seite ein wenig
genauer zu beleuchten, möchte ich auch ein paar Zahlen nennen. Dazu
muss ich ein wenig ausholen. Es gibt beim Bundesanzeiger öffentlich
einsehbare Bilanzzahlen von Ascaron, dessen Geschäftsjahr
immer zum 31.03. endete. Problem bei den Bilanzen war schon immer,
dass die selbsterstellten Vermögenswerte – also die Spiele –
nicht bilanziert werden durften. Bereits Ende März 2006 wies Ascaron
einen Eigenkapital-Fehlbetrag von 1,6 Mio. Euro aus. Das bedeutete:
Wenn wir alle Vermögenswerte auf Schlag verwerten würden, um alle
Schulden sofort zurück zu zahlen, fehlten 1,6 Millionen, um die
Schulden zu decken. Das Geschäftsjahr 2005/2006 erwirtschaftete
einen Verlust von 3,1 Millionen Euro. Nun, was war zum Stichtag
31.03.2006 Sache? Darkstar One stand vor der Veröffentlichung,
Anstoss 2007 auch. Aber die laufenden Erträge aus den bislang
veröffentlichten Spielen waren nach dem Weihnachtsgeschäft am Ende,
Sacred Gold lag seit der Vorweihnachtszeit 2005 in den
Regalen, war aber auch am Ende der Produktlaufbahn angelangt (Sacred
Plus und das AddOn wurden dann noch auf der Computerbild
Spiele in den Ausgaben 10/2007 und 11/2007 abschließend
verwurstet). Wir wissen, dass Darkstar One gerade die
Entwicklungskosten einspielte – und zu der Zeit war Tortuga
auch noch in der Entwicklung.
Wenn wir also nun ein Jahr weiter
sehen, dann ist März 2007, Tortuga ist endlich auf dem Markt.
Die ersten Einnahmen sind gebucht, doch die Bilanz sieht schlimmer
aus als je zuvor: Der Verlust des laufenden Jahres beträgt 3,9
Millionen Euro. Durch Geldgeber, Leute (oder Fonds), die ihr Kapital
der Firma als Eigenkapital zur Verfügung stellen wurde das
Eigenkapital bereits um mehr als eine stolze Million aufgestockt,
aber das genügt nicht, um eine Unterdeckung von 4,3 Mio. Euro in der
Bilanz auszuweisen, bei 5,7 Millionen Verbindlichkeiten, die sicher
größtenteils Bankschulden waren, denn 5,4 Millionen waren
rückzahlbar innerhalb von 12 Monate.
Ein Jahr weiter haben wir Ende März
2008. Wie oben bereits ausgeführt sammelt Ascaron nur
Entwicklungskosten an. Kaum Einnahmen, dafür jede Menge laufende
Kosten. Der Verlust des Jahres 2007/2008 beläuft sich auf 7,45
Millionen Euro. Auch die erneute Aufstockung der Kapitalrücklagen
durch unbekannte Geldgeber um fast drei Millionen Euro genügt nicht.
Gunter Thielen, der Eigentümer des Gebäudes an der Verler
Str. und Heino Nollmann zählen laut einem Bericht einer
Lokalzeitung zu den Inhabern3.
Der Eigenkapitalfehlbetrag beläuft sich in der letzen Bilanz vor der
Insolvenz auf enorme 8,77 Mio. Euro. Die enorme Entwicklungszeit
forderte ihren Tribut.
Auch Studio II trug zum
31.12.2006 und 2007 einen Verlustvortrag von 620.000 Euro vor sich
her, der im Wesentlichen nicht durch Vermögen gedeckt war. Flöttmann
und Stradal waren gemeinsam Geschäftsführer, doch Stradal
wurde zum 30.05.2007 als Geschäftsführer abberufen, blieb aber als
leitender Angestellter bis zum 29.02.2008 dem Unternehmen erhalten
(vermutlich zähneknirschend). Die Zahlen und Fakten zu Quality
Four sind in dem Zusammenhang komplett irrelevant, denn diese
Firma schien nie wirklich gelaufen zu haben, auch wenn mir die Zahlen
der Gewinn- und Verlustrechnung für alle drei Firmen in deren
letzten Jahren nicht vorliegen.
Selbst wenn man es schon erwartet hat,
die Zahlen belegen, dass Sacred 2 ein Erfolg werden musste.
Ascaron war zum Erfolg verdammt, und die Zahlen, die den
Break-Even-Point darstellen würden (die Anzahl von verkauften
Spielen, die den Umschwung von der Verlust- zur Gewinnzone markierte)
wurde von Woche zu Woche höher.
Packshot von Sacred 2 |
Promo-T-Shirt von Sacred 2, erhältlich bei EMP |
Aber bevor ich das noch ein bisschen
näher beleuchte, komme ich noch einmal zum Spiel selbst: Sacred 2
ist und bleibt aus meiner Sicht ein gutes Spiel. Die Presse war da
eher verhaltener: Die Gamestar vergibt erst 80%, dann in einem
Nachtest 82%. Die PC Games verwehrt die magische 80%-Grenze
und auch 4players ist skeptisch, was dem Bugfeuerwerk bei
Release geschuldet ist, und vergibt nur 72%. Angesichts der
hervorragenden Ergebnisse des Vorgängers ein herber Schlag ins
Kontor für die erfolgsverwöhnten Gütersloher. Wenn ich mal die
Bugs außen vor lasse, sind für mich die wesentlichen Kritikpunkte
die noch ausuferndere Welt als im ersten Teil (der schon mit hölle
viel Gerenne daher kam) und das damit verbundene Zeittotschlagen.
Dazu fehlt mir der rote Faden zu sehr, vor lauter Nebenquests
verliert man gerne mal die eigentliche Story aus den Augen.
Der Inhalt der Sacred 2 Collectors Edition: Fantastisch volle Box. |
Das erhoffte Klassenziel wurde für
Ascaron damit nicht erreicht. Sacred 2 sollte besser
als der Vorgänger sein, auch wenn es sich gut verkaufte. Wobei „gut“
nicht den Maßstäben entspricht, die für eine Sanierung des
Unternehmens notwendig gewesen wären. Sacred 1 hat sich etwa
zwei Millionen Mal verkauft. Zunächst plante Ascaron daher
mit 1,2 bis 1,4 Millionen Exemplaren nur für den PC, und das vor dem
Debakel, welches sich um die Games Convention 2007 abspielte. Ascaron
wollte den Multiplayerteil von Sacred 2 spielbar auf der GC
vorstellen, doch Studio II war noch lange nicht soweit. Dass
es doch irgendwie klappte, zeigt Flöttmann jedoch, dass es um
Sacred 2 nicht gut stand und Stradal soll angeblich die
Entlassung des halben Teams gefordert haben, mit drei weiteren Jahren
Entwicklungszeit. Das Ergebnis war die Einrichtung eines neuen
Geschäftsführers, wie ich oben bereits geschildert habe.
Die Entwicklungskosten liefen davon:
Zwischen 9 und 20 Millionen Euro soll Sacred 2 insgesamt
gekostet haben, unterschiedliche Quellen geben unterschiedliche
Zahlen an, wobei die letztgenannte wohl eher an der Wahrheit ist. Die
nötigen Verkaufszahlen wuchsen dadurch in unerreichbare Höhen, aber
der Point of no return war längst erreicht. Die Gamestar gibt
750.000 verkaufte Exemplare an, was schon an sich eine bemerkenswerte
Zahl ist. Aber es war nicht genug. Doch noch ist nicht Schluß.
Am 14. April 2009 beantragt Ascaron
erneut Insolvenz. Damit schließt eines der traditionsreichsten
deutschen Entwickler die Tore. Diesmal aber für immer.
Im gleichen Atemzug bestätigt Ascaron,
dass die Arbeiten an den Konsolenversionen von Sacred 2
abgeschlossen sind. Schon kurz vorher geht das Gerücht um, dass ein
AddOn in Arbeit sei – mit zwei neuen Klassen.
Packshot der PS3-Version von Sacred 2 |
Packshot der XBOX360-Version von Sacred 2 |
Ascarons mangelhafte
Fehlerbeseitigung führte dazu, dass sich die Konsolenversionen für
die Xbox 360 und die PS3 mehrfach verschoben. Auch hier wird von 7
Monaten Verzögerung gesprochen; im Spielesektor auch heute noch eine
verdammt lange Zeit. So schafft Sacred 2 es mehrmals nicht
durch die Qualitätskontrolle von Microsoft und Sony,
auch wenn Daniel Dumont mit seinem Team das Beste gibt. Die
Konsolenversionen, die im Frühsommer 2009 veröffentlicht werden
(erst Xbox, dann Playstation) spielen sich zwangsläufig etwas anders
als die mausbasierte PC-Version, die Steuerung ist ein wenig
vermurkst, dennoch ist Sacred 2 auch auf der Konsole ein gutes
Action-RPG. Die Gamepro z.B. vergibt stolze 82% für die
PS-Version.
Die Abwicklung von Ascaron geht
erstaunlich schnell vonstatten. Schon kurz nach der
Insolvenzmeldung, genauer am 3. Juni 2009, verkündete Kalypso
Media, dass diverse Marken wie Anstoss, Patrizier,
Port Royale, Hanse oder Vermeer aus der
Insolvenzmasse übernommen wurden und dass Daniel Dumont ein
neues Studio zur Spieleentwicklung realisiert. Stefan Marcinek,
damaliger Geschäftsführer der Kalypso Media dazu:
„Ascaron-Titel wie Patrizier oder Anstoss genießen vor allem im
Deutschsprachigen Raum Kultstatus und wir werden alles dafür tun,
dass dieser Kult weiter existiert und ausgebaut wird."
Auch Koch Media greift Ascaron
bzw. Studio II in den letzten Tagen noch unter die Arme: Das
bereits erarbeitete AddOn Ice& Blood wird dank der
Unterstützung von Ascarons ehemaligem Publisher noch
fertiggestellt, allerdings nur für den PC. Koch Media hatte
bereits nach Ascarons Insolvenz die Serverkosten übernommen
und stellte nun alles: Support, Foren AddOn. Das AddOn bekommt von
der Gamestar noch gnädige 74%, was die letzte Wertung ist,
die ein Ascaronspiel je bekam.
Packshot von Ice & Blood |
1 Den
Preview der Fanpage könnte ihr übrigens hier nachlesen:
https://www.dropbox.com/s/k1eluf6dyfbunwe/A06.pdf?dl=0
2 Das
Abschiedsvideo von Studio II, welches am letzten Arbeitstag in
Aachen privat gedreht wurde, findet ihr nur bei Vimeo:
https://vimeo.com/5856801
3 Der
Bericht der Neuen Westfälischen zum Insolvenzzeitpunkt:
http://www.nw.de/lokal/kreis_guetersloh/guetersloh/guetersloh/2905155_Dem-Ascaron-Drachen-geht-das-Feuer-aus.html
Montag, 8. August 2016
Silberjubiläum!
Hey Ascaron! Herzlichen Glückwunsch zum 25. Jahrestag deiner Gründung. Wir beide, du und ich, sind uns das erste Mal begegnet, da warst du schon 9 oder so. Anstoss 2 Gold hieß unser erstes gemeinsames Spiel, und hossa, ich war begeistert. Ich hab mich dann mal in deiner Umgebung umgeschaut, mit ein paar Leuten in deinem Forum geredet und mich wohl gefühlt da. Dann brachtest du neue Spiele raus, nicht immer mein Fall, aber du hast gemerkt, dass ich ein wenig engagierter war als ein Großteil der anderen Besucher und ich durfte bei Anstoss 4 sogar den Betatest mitmachen, Danach auch bei der Edition 03/04 und sogar bei Sacred (sorry, SACRED). Wir hatten guten Kontakt miteinander und haben ne Menge Spaß gehabt, auch auf unseren Fanfesten. Ich war sehr angetan von dir, dass du dich immer wieder mal bei mir gemeldet hast und ich nicht nur aus der Presse von dir hörte. Das ehrte mich und machte mich ein bisschen stolz. Verdammt geile Zeit.
Doch irgendwann kam der Punkt, an dem wir nicht mehr so gut Freund waren. Es hatte sich in kurzer Zeit viel geändert bei dir und du wurdest mir fremd. Ich hatte eine Fanpage für dich eingerichtet, aber das Projekt starb, da du die Versorgung dafür warst. Da half es auch nicht, dass wir noch ein Fanfest veranstalteten oder du einen kleinen Kreis extra für eine Anstoss-Präsentation nochmal zu dir nach Hause eingeladen hast. Ich merkte, dass ich manchmal belogen wurde. Das fand ich schade, und das betrauere ich heute noch immer. Ich konnte dir nur noch dabei zusehen, wie es mit dir bergab ging.
Aber auch nach deinem Ende konnte ich nicht so recht von dir lassen. Du hast mir eine intensive Zeit geschenkt, die es wert ist, aufbewahrt zu werden. Und da ich weiß, dass es immer noch ein paar verstreute Ascaronfans da draußen gibt, mache ich das hier, in deinem Schrein. Dank der Leute, die für dich gearbeitet haben, bin ich irgendwie zu einem Teil von dir geworden, und ich kann das nicht ablegen. Daher nochmal alles Gute zum Jubiläum!
Ach ja: Ich hatte dir ja versprochen, dass ich deine Chronik zu deinem Geburtstag fertig haben werde, aber ich glaube, mit dem Verschieben von Releaseterminen und den zahlreichen Ursachen dafür kennst du dich ja allerbestens aus, oder?
Montag, 23. Mai 2016
Die Ascaron-Chronik: Kapitel 6
Aus
der Krise mit dem Blockbuster (2003 – 2005)
In
den vergangenen Jahren kristallisierte sich immer weiter heraus, dass
die Schlagzahl höher wurde. Während man zu Beginn maximal ein
überschaubare Anzahl an Veröffentlichungen pro Jahr hatte (so z.B.
gab es im Jahr 2000 wie bekannt gerade zwei Releases), stand für
2003 nun ein wenig mehr auf dem Plan. Neben dem bereits genannten Big
Scale Racing, welches von einer kleinen Gruppe namens Bumblebeast
in den Niederlanden programmiert wurde, kam Anfang Januar 2003 der
Name Devastation ins Spiel: Das Spiel der Digitalo Studios
sollte von Ascaron lokalisiert und beworben werden. Devastation ist
ein völlig untypisches Ascaron-Spiel: Im Genre der
First-Person-Shooter angesiedelt und für die Zeit auf einem hohen
technischen Standard dank Unreal-Engine. Neben der allerdings völlig
ausgelutschten Standard-08/15-Dystopie-Hintergrundgeschichte fiel die
Offenheit für Modifikationen positiv auf. Angekündigt für den
März war dies ein weiteres Spiel, welches nur von Ascaron vertrieben
werden sollte und neben BSR keine Eigenentwicklung war.
Und
mit den Ankündigungen von Big Scale Racing und Devastation nicht
genug: Sacred wurde bereits für das 2. Quartal 2003
angekündigt, ein Spiel, auf das ich mir zunächst keinen Reim machen
konnte, weil ich bis zu dem Zeitpunkt weder Diablo noch sonst ein
Action-RPG gespielt hatte (und ich gestehen muss, dass ich damit echt
was verpasst hatte!).
Doch
noch bevor auch nur eines der genannten Spiele auf den Markt kommen
sollte, traf die Mitarbeiter in Gütersloh eine weitere
Hiobsbotschaft. Nach den gesammelten Fettnäpfchen um den Release von
Anstoss 4 sah Ascaron sich nun genötigt, aufgrund eines schwachen
Marktumfeldes und eines „unter den Erwartungen liegenden
Geschäftsverlaufes“ eine umfangreiche Restrukturierung im
Entwicklungsbereich durchzuführen. Im Klartext bedeutete dies, dass
fast die gesamte interne Grafikabteilung entlassen wurde – nach
heise.de ging es um immerhin 16 Grafiker - und dazu alle freien
Mitarbeiter gleich mit auf die Straße gesetzt wurden.
In
dem sehr umfassenden Artikel „Die Akte Ascaron“ von der
Gamestar1,
der in gewisser Hinsicht als Inspiration für diesen Blog diente,
kommt Guido Eickmeyer diesbezüglich zu Wort. Anstoss 4 konnte im
wesentlichen als Grund für die Schieflage ausgemacht werden, denn
als Neuentwicklung mit einem unerfahrenen Team bei viel zu hohen
Erwartungen gab es irgendwann finanzielle Zwänge, die Ascaron dazu
nötigten, das Spiel auf den Markt zu bringen. Auch, wenn man
zwischen den Zeilen lesen kann, dass sogar der Projektleiter mit dem
veröffentlichten Produkt alles andere als zufrieden war. Dennoch:
Die erwarteten Verkaufszahlen blieben hinter den Erwartungen zurück,
nach dem Boom zu Release bleib Anstoss 4 in den Regalen liegen wie
Blei – und das zum Weihnachtsgeschäft. Dazu war mit Sacred ein
großer Titel in der Entwicklung, was bekanntlich anfangs immer erst
viel Geld kostet.
Ascaron
musste reagieren. Gerade bei Anstoss hatte sich Ascaron in den
vergangenen Jahren derart viel Kredit aufgebaut, dass es nun galt,
der Verbrennung der Marke entgegenzuwirken. Es war klar, dass Anstoss
4 nicht das Spiel war, was die treue Fangemeinde sich gewünscht
hatte. Aber vielleicht war gerade die Fangemeinde nun das, was
Ascaron zur Hilfe nehmen konnte? Bereits früh sammelte man wieder
Ideen von genervten Fans, die ihren Lieblingsmanager weiterhin groß
sehen wollten, weil sie den zwar mit Originalnamen protzenden, aber
irgendwie immer distanziert wirkenden FM von EA einfach nicht ins
Herz schließen konnten. Dazu wurden weiterhin Patches für A4
veröffentlicht, aber leider immer noch mit dem Problem, dass
progressive Ankündigungen für weitere Patches terminlich kaum
eingehalten werden konnten.
Es
traf sich für Ascaron damit sehr gut, dass wir die Fanpage eröffnet
hatten. Unsere erste, richtig offizielle Nachricht war damals die
o.g. Restrukturierungsankündigung, die uns damals schon ins Mark
traf – gerade eine Fanpage gemacht, und nun könnte schon wieder
alles vorbei sein? Nicht mit uns. Nach Absprache mit Ascaron riefen
wir quasi zeitgleich das Fanfest 2003 ins Leben. Mal einen Blick
hinter die Kulissen werfen, vielleicht ein paar neue Freunde
kennenlernen, zusammen eine Runde zocken. Und vor allem: Eine
versöhnliche Geste! Ich weiß nicht, ob Ascaron direkt Feuer und
Flamme für diese Idee war, aber die Absage des geplanten Fanfestes
2001 war mit Sicherheit eine Motivation für die Firma, wieder ein
Fanfest zu machen, auch wenn die Ressourcen knapp waren. Stefan
Gebenus hat uns damals eine Weile unterstützt, so dass wir doch
vorsichtig gesagt etwas überrascht waren, dass er Ende Februar die
Firma verlassen wollte. Aber ehrlich gesagt: Wer wollte ihm das
verdenken?
So
kam dann Big Scale Racing (BSR) im Februar 2003 auf den Markt:
Was uns erwartete, war ja schon im Dezember bekannt, da Ascaron
damals eine nette Demo veröffentlichte, die mir als
Rennspielliebhaber direkt zusagte. BSR war eine Versoftung eines
beliebten Hobbys, vor allem in den Niederlanden, nämlich ein
Modellauto-Rennspiel. Die Autos im Maßstab 1:5 brettern durchaus
anspruchsvoll, aber leicht erlernbar über die realen Pisten, dazu
drei Ligen mit unterschiedlichen Computergegnern und auch ein
Multiplayermodus. Obendrauf neben einem schönen Easteregg in einer
Spielhalle auch ein relativ komfortabler Skineditor. Das Spiel war
kein Hit, aber ein netter Zeitvertreib. Die PC Games vergab 69%, ein
Wertung die ich persönlich zu gering finde. Auch heute noch immer
noch mal eine Runde wert. 2004 gab es übrigens vom Hersteller selbst
ein Update mit neuen Autos und neuen Strecken, doch diese sind
inzwischen im Internet verschollen, da es die Seite nicht mehr gibt.
Packshot von Big Scale Racing |
Mit
einiger Verzögerung – was an den Entwicklern, nicht an Ascaron lag
– kam dann im April auch Devastation in die Regale, wie
schon erwähnt, ein Egoshooter mit (leider langweiligem und
standardisiertem) Zukunftsszenario. Vor allem wollte Ascaron mit der
Physikengine werben, was durchaus gelang. Allerdings hatten die
Hersteller wohl leider vergessen, eine ansprechende KI einzuarbeiten,
jedenfalls war Devastation ein (in guten Sinne) total
durchschnittliches Spiel, von dem quasi nie wieder was gehört wurde.
68% bei 4players.de, 72% bei der Gamestar. Interessant bei
Devastation ist folgendes: Das Spiel war ursprünglich und zu Beginn
nur als MP-Mod zu Unreal gedacht, doch die Entwickler merkten bald,
dass die Idee doch zu einem eigenständigen Spiel reichen würde.
Doch der dem Producer leichtsinnigerweise zugesagte
Singleplayer-Modus sollte dem Projekt beinahe das Genick brechen, was
die schwache KI erklärte. Denn die Digitalo Studios hatten bislang
mit Singleplayerentwicklungen überhaupt nichts am Hut und mussten
dort durch eine harte Schule.2
Ascaron versüßte den deutschen Fans das Spiel aus dem hauseigenen
Webshop mit einem T-Shirt und vorab verteilten kostenlosen Demo-CDs.
Nach ein paar abschließenden Patches war Devastation bereits ab
Mitte August für nur noch 25 Euro zu erhalten. Und die bittere
Schlußpointe: Die Firma Digitalo wurde im übrigen im November 2003
geschlossen.
Packshot von Devastation |
Das T-Shirt der limitierten Auflage aus dem Ascaron-Webshop |
Im
April 2003 wurde dann durch eine PC Games-Reportage3
auch dem breiten Volk bekannt gemacht, dass neben dem „fast
fertigen“ Sacred auch Port Royale 2 in der Entwicklung sei
(geplantes Release: Februar 2004) und dazu fleißig an Anstoss 5
gearbeitet würde. In der Reportage wurde für den Fan eines
deutlich: Auch Ascaron selbst war überrascht und erwartungsvoll, was
Sacred anging. Holger Flöttmann sagte selber, Sacred wäre ein
„etwas ungewöhnliches“ Spiel für Ascaron und Hans-Arno Wegner
als Projektleiter kämpfte offensichtlich mit der Koordination
zwischen Gütersloh und Aachen als Sitz von Studio II. In der
Reportage wurde es nicht erwähnt, doch im Forum gingen Gerüchte um,
es solle ein weiteres Spiel kommen, eine Hommage an einen guten alten
80er-Titel. Mit Port Royale in der Hinterhand war der Gedanke
schnell, dass eines der Lieblingsspiele jedes C64-Veteranen namens
Pirates! eine tolle Idee für eine Neuauflage wäre. Doch auf
der E3 im Mai 2003 kündigte Sid Meier die Neuauflage seines Pirates!
selbst an, so dass die Hoffnung auf ein „Pirates! Reloaded“
leider vererst zerplatzte. Vorerst.
Währenddessen
waren die Planungen für das Fanfest in vollem Gange. Für uns als
Fanpage war dies relativ unvorbereitet ein großes Event, was wir
aber dank Stefan Renz (und der Seite www.fanfest.de.vu)
irgendwie doch koordiniert bekamen. Dank der langsam wachsenden
Verbindungen zu den großen Internetportalen der Gamestar und der PC
Games waren wir sogar zu einer verlässlichen Quelle geworden.
Ascaron hielt sich bedeckt, bis zum großen Tag. Nur wenige
Neuigkeiten kamen an das Tageslicht wie ein Ereignis-Wettbewerb für
Anstoss oder die endgültige Box für Sacred (die mir bis heute nicht
so gut gefällt).
Das verworfene Sacred-Cover |
Das
Fanfest am 04.07.2003 sollte zu einem Höhepunkt sowohl in der
Geschichte Ascarons als auch für uns werden. 120 Gäste, Führungen
durch die heiligen Hallen, Vorgucker auf in der Entwicklung
befindliche Spiele und Gespräche mit den Leuten hinter den Pixeln.
Wir wollten wissen, was nun mit Anstoss passiert, wie Sacred
tatsächlich aussieht, und was überhaupt so los ist.
Überraschenderweise gab es unheimlich viele Infos für uns:
Zunächst: Aus Anstoss 4 wurde Anstoss 4 Edition 03/04 (A4E).
Das Spiel sollte im Midpricesegment rauskommen und für den
enttäuschten A4-Spieler sollte es eine günstige Umtauschaktion
geben – A4 plus geringer Aufpreis gleich A4E (13 Euro in
Deutschland, 15 Euro aus Österreich). Sacred befand sich in einem
stabilen Alphastatus und konnte von uns dort angespielt werden (mit
umfangreichem Feedbackbogen inklusive). Neben Port Royale 2 befand
sich ein Spiel namens Tortuga in der Entwicklung, ein Port
Royale ohne ausbordenden Wirtschaftsteil, welches sogar schon in der
Betatestphase war (also doch ein Pirates-Remake?). Und zu guter Letzt
war Vermeer 2 ebenfalls in der Mache – das sollte die
80er-Hommage sein. Und die Fanpage hatte diese Infos zuerst. Ein
Ritterschlag für unser Projekt, auf das wir heute noch stolz sind.
Und
so erwarteten wir erneut eine Anstoss-Veröffentlichung im Oktober
2003, keine 11 Monate nach der Urversion. Die Farben wurden geändert,
der Alien-Fahrradsattel entfernt (Kenner wissen was ich meine), Guido
Eickmeyer spendierte der Fanpage sogar ein Entwicklertagebuch. Und
der Sympathieträger des Spiels, der Pallino kehrte endlich wieder
zurück. Der Betatest wurde öffentlich ausgeschrieben und es gab
gute Gespräche zwischen Ascaron und den Fans. Auch die Kritiker
waren sehr angetan von der neuen Version, die sowohl optisch als auch
inhaltlich endlich wieder mit der bekannten Leichtigkeit daherkam:
Jede Instanz verlieh 80% und besser (die PC Action sogar 83%), und
auch die Fans wirkten versöhnt. Es war jedoch auch kein Geheimnis,
dass Ascaron auch bei A4E nachbessern musste: Es sollte eine große
Reihe von Patches folgen, die auch durch neue Features glänzten (wie
z.B. die schwarze Kasse im Fanpatch, der viele Wünsche der Community
einfügte), die letzte Versionsnummer war die 1.7. Dennoch konnte man
sagen, dass die Edition zwar irgendwie immer noch das Stigma des
ungeliebten Anstoss 4 mit sich trug, aber das beste daraus machte.
Ascaron war wieder auf einem guten Weg. Anstoss war zwar nicht so
durchgestylt wie der Fussball Manager von EA, aber es gab wieder
Unterscheidungspunkte durch manche Features, die ein Lizenzprodukt
nicht bieten konnte. Die Planungen für ein echtes Anstoss 5 konnten
weitergehen. Jedoch: Im Nachgang zu A4E teilte Anstoss-Projektleiter
Guido Eickmeyer mit, dass er Ascaron zu Beginn 2004 verlassen würde.
Packshot von Anstoss 4 Edition 03/04 |
Quasi
zeitgleich – nur eine Woche später – kam dann auch Tortuga auf
den Markt, was allerdings zwischenzeitlich in Piraten –
Herrscher der Karibik umbenannt wurde. Piraten kam den
WiSim-gewohnten Spielern schon ein wenig komisch vor, da es
tatsächlich einen sehr großen Actionteil hatte und die
Handelsaspekte zugunsten der schnellen Zugänglichkeit fast auf ein
Minimum reduziert wurden. Erneut bot Ascaron damit ein Spiel an,
welches eher den Gelegenheitsspieler ansprach (wie z.B. Big Scale
Racing oder auch in Teilen Ballerburg). Diese Entwicklung machte
vielen Fans Sorgen. Die Erwartung war, dass eine beinharte
Wirtschaftssimulation wie Patrizier 2 endlich fortgesetzt werden
würde. Doch so lagen die Hoffnungen bei Port Royale 2.
Packshot von Piraten: Herrscher der Karibik |
Diverse Lokalisierungen von Piraten. Bemerkenswert ist, dass sowohl Port Royale als später auch Tortuga als Titel für Ascaronspiele herhalten mussten. |
Piraten
selbst war für Ascaron ein Glücksfall. Überspitzt gesagt als
Beschäftigungstherapie für tätigkeitslose Programmierer erdacht,
basierte Piraten auf der Engine, die auch in Port Royale werkelte.
Das Spielprinzip war eine Neuauflage des bereits erwähnten Pirates!.
Die PC Games titelte im Test „Der rechtmäßige Pirates-Nachfolger“
und vergab gute 76%. Looki.de war sogar bei 86%, während die
Gamestar mit 68% mal wieder eine demotivierende Wertung vergab. Für
den Gelegenheitsspieler ist Piraten auch heute immer mal einen Blick
wert, gerade in Anbetracht der nicht überzeugenden Neuauflage des
tatsächlichen geistigen Vorgängers. Erstaunlicherweise war Piraten
für Ascaron sehr erfolgreich, was am geringen Aufwand von
kolportierten fünfzig- bis hunderttausend Euro und am günstigen
Verkaufspreis lag.
Über
das ganze Jahr hinweg waren aber weder Anstoss noch Piraten oder gar
Devastation das Thema von Ascaron. Wie bereits geschildert, arbeitete
in Aachen eine Tochterfirma von Ascaron, das Studio II an Sacred.
Studio II war verantwortlich für die Fertigstellung des Spiels, doch
die kreative Leitung lag in Gütersloh bei Hans-Arno Wegner. Ein
unkluge Entscheidung, auch in Zeiten von Skype und Web-Konferenzen.
Doch davon bekam nach außen hin niemand etwas mit. Nach außen hin
wurde Sacred als „the next big thing“ vermarktet: Die Homepage
von Ascaron war voll mit aktuellen Meldungen, Links zu Previews,
Infohäppchen und Screenshots, dass man fast den Überblick verlor.
Ein bislang nicht gekannter Hype um das Spiel begann, denn der
Zeitpunkt für ein neues Action-Rollenspiel war gut: Diablo 2 war im
Juni 2000 veröffentlicht worden und war seither Platzhirsch. Doch
die PC-Gemeinde verlangte inzwischen nach einer den technischen
Möglichkeiten angepassten Version, höhere Auflösung, MP-Modus,
mehr Quests, mehr Sammelwut, mehr Eastereggs und am besten genauso
eingängig bedienbar. Das Tolle war: die Presse und die ersten
Previews versprachen genau das! Ob auf der E3 in Los Angeles im Mai
2003, wo die erste spielbare Version präsentiert wurde und Ascaron
mit einem Preis für das innovativste Rollenspiel der E3
ausgezeichnet wurde oder einige Monate später auf der Games
Convention in Leipzig: Ascaron kleckerte nicht, es klotzte.
Die
Folge war für die Ascaron-Anhänger aber unübersehbar: Das normale
Forum wurde von Interessierten geflutet: Während man mit Patrizier-
oder auch Anstoss-Spielern eher den normalen BWL-Studenten ansprach
(um mal ein Klischee zu bedienen), kam nun eine völlig andere
Käuferschicht dazu: Jüngere Spieler als die, die sich bislang im
Forum tummelten, da sich die bisherige Genreausrichtung von Ascaron
mit Sacred neu orientierte. Die einzig richtige Entscheidung von
Ascaron kam schnell: Das Sacred-Forum, bislang Bestandteil des
allgemeinen Ascaron-Forums wurde entnommen und bekam sogar eine
eigene Domain. Der Nachteil – auch für uns als Fanpage – trat
jedoch damit auch deutlich zutage: Ab sofort mussten wir uns in noch
einem weiteren Forum aufhalten und den Verlauf mitverfolgen. Ich
persönlich war nach dem Fanfest 2003 sehr angetan von Sacred und
habe mich schon bald für den Betatest beworben, auch wenn mein
Rechner gerade die technischen Mindestvoraussetzungen erfüllte.
Erfreulicherweise durfte ich sogar teilnehmen, und an dieser Stelle
sei nochmal ausdrücklich Torsten Allard für seine Unterstützung
gedankt, der es mir mit viel Initiative ermöglicht hat, auch
wirklich tätig zu werden.
Mitte
August 2003 gab Ascaron offiziell bekannt, dass Take 2 Interactive
als Vertrieb für vier Spiele fungieren würde: Neben Sacred sollte
auch Vermeer 2, Port Royale 2 und Tortuga durch die weltweit bekannte
Firma (u.a. durch die GTA-Serie) veröffentlicht werden. Nach den
beiden Veröffentlichungen von Anstoss 4 Edition 03/04 und Piraten –
Herrscher der Karibik ging der Fokus voll auf Sacred über, wenn auch
im Hintergrund an den oben genannten Spielen fleißig gewerkelt
wurde. Ein Cover wurde verworfen, ein neues der Öffentlichkeit
präsentiert. Anfang November 2003 wurde der frühe Februar 2004 als
Releasetermin für Sacred festgezurrt. Die Previews wurden immer
euphorischer, die Erwartungen größer. Dann noch eine Verzögerung:
Der endgültige Releasetermin soll der 27. Februar 2004 sein. Die
Demo kam ein paar Tage eher und war ein absolutes Kaufargument.
Holger Flöttmann stand sogar dem Handelsblatt zu einem Interview zur
Verfügung, in dem von 400.000 Vorbestellungen gesprochen wurde. Alle
Spielemagazine veröffentlichen seitenlange Tests und in einem sind
sich auch heute noch alle einig: Sacred ist ein Hit!
Packshot von Sacred |
...und das war alles in der Erstauflage drin. Sehr opulent. |
Lokalisierte Cover von Sacred. |
Die
PC Games verteilt 85%, die Gamestar vergibt 87% und den Gold-Award.
4Players.de verteilte 81%. Sacred ist wie schon beschrieben ein
Action-RPG: Es geht nicht um die Geschichte, sondern viel mehr darum,
den Helden aufzubauen und zu verstärken. Ascaron geizte nicht mit
Quests, verlor aber ein wenig den roten Faden der Hauptstory zwischen
all den Nebenquests und sonstigem Allerlei. Ein unfassbare Menge an
Eastereggs hat es in das Spiel geschafft, sei es die unzählbare
Menge an Grabsteinen, die über ganz Ancaria verteilt sind –
beschriftet mit blöden Sprüchen und Namen versierter Betatester –
oder auch die Statuen oder NPCs, die mit popkulturellen Anspielungen
glänzen. Mit reichlich Atmosphäre versorgt machte es einfach auch
Spaß, mal die Soundkulisse eine Weile über Kopfhörer zu genießen,
sich die Umgebung mal anzuhören, den frechen Goblins zu lauschen
(Insider kennen den „Schniepel!“) oder dem Geplapper der
Dorfbevölkerung. Und doch … Sacred war bei Release fehlerhaft. Wen
wundert es.
Erneut
musste Ascaron mit der Kritik leben, ein unfertiges Spiel
veröffentlicht zu haben. Und wahr ist auch, dass Sacred doch mit
einer ganz erheblichen Menge an Patches geflickt werden musste, bis
es mit Version 1.7 im August endlich weitestgehend fehlerfrei war.
Über die kommenden Monate wurden regelmäßig weitere Patches
veröffentlicht, und schon bald gab es die Ankündigung, dass es
einen „großen“ Patch geben würde, der insbesondere Probleme im
Multiplayer beheben sollte. Ascaron meinte es aber meistens auch gut
mit den Spielern, denn oft ging mit den Fehlerbehebungen auch das ein
oder andere neue Feature einher. Gerade bei Sacred konnte man das
relativ gut verfolgen: Die ersten Patches waren tatsächlich im
wesentlichen Bugfixes. Doch als dann absehbar war, dass die Bugs
nicht kurzfristig behoben werden konnten, entschied man sich, den
Patches auch neue Features hinzuzufügen, um die Spieler ein wenig zu
besänftigen. Gerade mit Patch 1.7, der „letzte“ große Patch vor
der Neuen Auflage, wurden doch einige namhafte Features hinzugefügt,
die es nach der Meinung mehrerer Spieler eigentlich schon zu Beginn
hätte geben können, darunter der Überlebensbonus (besseres Loot
bei längerem Überleben), der Handelsbildschirm im MP oder auch der
komplett neue Schwierigkeitsgrad Niob.
Sacred
war ein Bombenerfolg – sowohl in Deutschland als auch im Rest der
Welt. Bereits nach 4 Wochen hatte man über 100.000 Exemplare
verkauft und bekam dafür den Gold-Award des VUD (Verband der
Unterhaltungssoftware Deutschland). Damit reihte sich Sacred in die
eigenen Verkaufsschlager wie Anstoss 2, Anstoss 3 oder Patrizier 2
ein (um sie später sogar noch zu übertrumpfen). Das Spiel wurde in
alle möglichen Sprachen übersetzt, so gibt es neben der englischen
auch eine französische, eine spanische und sogar eine tschechische
Version.
Der
oben schon genannte Patch 1.7 wurde am 31. August veröffentlicht.
Etwas weniger als drei Wochen zuvor wurde für den Oktober die Neue
Auflage von Sacred zum günstigeren Preis in Aussicht gestellt:
Vollgepackt mit einer langen Liste weiterer neuer Funktionen (neue
Regionen, neue Missionen, neue Gegner, neue Sets) sollte dies aber
ausdrücklich kein AddOn sein. Das besondere an der Neuen Auflage
bzw. Sacred Plus, wie es im Ausland genannt wurde (oder
„Sacred, wie es zum Release hätte sein sollen“ von zynischen
Mitarbeitern), war, dass das notwendige Update 1.8 den Besitzern von
Sacred in der Releaseversion kostenlos zur Verfügung gestellt werden
sollten. Eine ähnliche Vorgehensweise gab es ja schon bei Port
Royale, allerdings war der Umfang dann doch deutlich höher. Ein
feiner Zug, das musste man sagen, denn das Upgrade war schon
erheblich.
Die neue Auflage sah bis auf den Aufkleber genau so aus wie die alte Auflage. |
Dazu
wurde Mitte August auch bekannt, dass Ascaron an dem offiziellen
AddOn Underworld arbeitete, welches dann für das erste
Quartal 2005 in die Releaseliste aufgenommen wurde. Hier waren sogar
zwei neue Charaktere angedacht, dazu eine erheblich vergrößerte
Spielwelt und natürlich wieder Unmengen neuen Loots.
Man
sieht: Das Jahr 2004 war beherrscht von Sacred. Lange Zeit in der
Mache, wahnsinnig erfolgreich, und dazu von umfangreichen
Marketingmaßnahmen flankiert: Es gab Sacred-T-Shirts, eine Handvoll
Romane, die im übrigen gar nicht so übel waren, dazu eine
Soundtrack-CD und sogar ein großformatiges Lösungsbuch. Aber gerade
2004 war ein besonders intensives Jahr für Ascaron, denn neben
Sacred gab es noch eine Menge weiterer Spiele, die auf die Marktreife
warteten. Und insbesondere in 2004 war die Liste so lang, wie in
keinem Jahr zuvor – und wie in keinem Jahr danach.
Zunächst
einmal wurde Ende April auch die von vielen bereits sehnsüchtig
erwartete Fortsetzung des karibischen Strategiespiels Port Royale
veröffentlicht. Nach dem Motto „Mehr vom gleichen“ war Port
Royale 2 aber keineswegs, im Gegenteil. Nach dem Erfolg von
Piraten – Herrscher der Karibik, welches ja auf Basis der
PR2-Engine programmiert wurde, wollte man das Spiel international
tauglich machen. Weniger WiSim, mehr Action. Das war vielen
Die-Hard-Spielern allerdings nicht recht, denn wenn die Seeschlachten
und Fechtduelle wollten, dann würden sie halt zum Spin-Off greifen.
Dennoch war die Presse gut zufrieden mit dem von Daniel Dumont
ordentlich geleiteten Projekt – die Gamestar vergab tolle 85%, die
PC Games sogar fantastische 89%! Das schöne Spiel wurde von
erstaunlich wenig Begleiterscheinungen geplagt, auch das
nachträgliche Bugfixing hielt sich in Grenzen. Alles in allem möchte
man sagen: Ein typischer Dumont-Titel im besten Sinne. Sehr schön
auch, dass den Betatestern, die sich besonders engagiert hatten,
namentlich im Handbuch gedankt wurde. Als Gimmick gab es im
Ascaronshop eine limitierte Auflage mit einer Stoffkarte der Karibik
als Dreingabe.
Packshot von Port Royale 2 |
Die Stoffkarte aus dem Ascaron-Webshop |
Witzige
Anekdote am Rande – jedenfalls aus heutiger Sicht: Die Firma
Elkware, die inzwischen schon selbst einige Jahre aufgelöst ist, hat
in Lizenz die Handyumsetzungen von Sacred und Port Royale 2 in den
damals gängigen Java-Umgebungen erstellt. Den Google Play Store oder
den iOS Appstore gab es damals noch nicht, aber die beiden Spiele
lassen sich noch heute im Internet finden.
Im
Juli gab es dann einen weiteren, sehr wichtigen Termin: Am 16. sollte
es zu zwei Events gleichzeitig kommen: Neben dem Release von Arena
Wars, einem innovativen Echtzeit-Strategiespiel in 3D, hatte
Ascaron uns Fans erneut zu einem Fanfest geladen! Das Interesse war
dieses mal besonders hoch, da das Internationale Forum durch die
Sacred-Ausweitung auch ein hohes Interesse hatte. Und tatsächlich
waren an einem trüben Tag in Gütersloh neben Gästen aus Österreich
und der Schweiz auch jede Menge Leute da, deren Muttersprache nicht
deutsch war: Belgier, Niederländer und wenn die Erinnerung nicht
täuscht, war sogar jemand aus Finnland da! Dieses Fanfest war auch
ein wichtiges Treffen (die Geburt des legendären „Funky Mummy
Dance“), aber da die kommenden Veröffentlichungen wie Vermeer 2
oder das nun offiziell erschienene Arena Wars jetzt nicht die
Strahlkraft wie Sacred im Vorjahr hatten, fehlte ein wenig das
Besondere. Dazu kam ja auch, dass Sacred nicht in Gütersloh
entwickelt wurde und da kein direkter Einblick in den
Entwicklungsstand des AddOns möglich war – wenn man mal von der
Webcam auf der Sacred-Webseite absah. Es war jedoch zu merken, dass
sich in der Belegschaft von Ascaron einiges tat, denn eine Handvoll
bekannter Namen waren nun nicht mehr dabei, dafür war aber eine
erhebliche Sacred-Fraktion mit vor Ort, Leute, die man halt noch
nicht so gut kannte. Dennoch war es eine schöne Veranstaltung und
die bereits im Vorjahr geäußerten Wünsche nach jährlicher
Wiederholung wurden lauter. Außerdem hatten die Fans das
Fußballspiel gegen die Ascaronies verloren und riefen nach Revanche.
In Vorjahr hatten die Fans deutlich mit 13:6 gewonnen! Dieses Jahr
allerdings mussten wir uns nach Elfmeterschießen geschlagen geben,
da halfen auch die schönen individuell beflockten Trikots nicht, die
wir gesammelt bestellt hatten.
Doch
kommen wir noch kurz zu Arena Wars, einem Spiel, welches seiner Zeit
voraus war. Heutzutage ist diese Art zu spielen gang und gebe, doch
diese Command&Conquer-Variante von Schere-Stein-Papier mit
Webcam-Unterstützung war 2004 noch neu. Das Spiel selbst, von
Ascaron nur vertrieben, war ein Geheimtipp mit Midprice-Segment.
Viele gute Tests wurden veröffentlicht, von 78% in der PC Games bis
zu 86% auf einigen Internetseiten. Das Spiel war insofern tatsächlich
ein Geheimtipp, denn auch wenn man nie kommerziell wirklich
erfolgreich war, bekamen die Entwickler namens exDream entertainment
2004 den 1. Platz in der Kategorie „Innovation“ beim deutschen
Entwicklerpreis. 2007 wurde das Spiel als Arena Wars Reloaded mit
besserer Grafik wiederveröffentlicht und 2012 folgte sogar Arena
Wars 2. Dies sollte das letzte, nicht selbst entwickelte Spiel im
Vertrieb von Ascaron sein.
Packshot von Arena Wars |
Auf
dem Fanfest konnte man auch schon den ersten Blick auf Vermeer 2
werfen, eine aktualisierte Version des altbekannten Klassikers. Der
Windows-Vorgänger war auch von Ascaron entwickelt (s. Kapitel 3),
doch nun war das Team ein völlig anderes, Daniel Dumont war als
WiSim-Spezialist wieder eingebunden. Als nettes Retro-Revival wurde
für den Kopierschutz eine Decoderbrille mit roter Folie dazugefügt
(die in späteren Auflagen aber zugunsten einer einfachen
Handbuchabfrage weggelassen wurde). Vermeer 2 war erneut ein Spiel im
Midprice-Segment und stellte das vierte Spiel im Vertrieb von Take 2
dar. Simpel, aber liebevoll aufgemacht urteilte die Gamestar
zunächst, doch die Testergebnisse sprachen in Zeiten von Spielen wie
GTA San Andreas, World of Warcraft oder Sims 2
das aus, was viele dachten: Ein überholtes Spielprinzip mit noch
zuviel C64-Anteil statt innovativer Erneuerungen. 67% verteilte die
Gamestar, 61% die PC Games. Mehr als durchwachsen. Irgendwie wirkte
Vermeer 2 eher wie eine Fingerübung als wie ein ambitioniertes
Spieleprojekt, denn angesichts der maximal behutsamen Erneuerungen im
Spiel fragte man sich als Besitzer von Vermeer schon, warum man
Vermeer 2 denn eigentlich kaufen sollte.
Packshot von Vermeer 2 |
Doch
mit rundum erneuerten Spielen war noch nicht genug: Während Mitte
August noch ein Patch für Anstoss 4 Edition 03/04 veröffentlicht
wurde, gab es bereits zwei Wochen später die Newsmeldung, dass im
Oktober 2004 eine komplett überholte Version der Edition namens
Anstoss 2005 erscheinen wird: Das aktuellste Regelwerk, mehr
Illegales, neue Ansprachen. Diese Meldung wurde ein wenig skeptisch
aufgenommen, da sich Ascaron damit in einen Updaterhythmus begab, den
man gerade in Anbetracht der Konkurrenz von EA eigentlich nie wollte.
Dies sollte das dritte Anstoss in drei Jahren werden, immer noch
basierend auf dem Programmkern von Anstoss 4. Zu gute halten konnte
man dem neuen, alten Anstoss jedoch, dass im Team nun eine gewisse
Konstanz eingetreten war, dadurch, dass mit Ingo Bertram nun einer
der zahlreichen Konzeptautoren von A4 alle konzeptuellen Fäden in
einer Hand hatte. A2005 trat optisch deutlich erfrischt auf, hatte
mit Krombacher auch einen sehr namhaften Sponsor und kostete bei
Release keine 30 Euro. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass A2005 eine Neuauflage der Edition ist, um damit auch keine
falschen Erwartungen zu schüren. Dennoch, so mein Urteil, war A2005
die seit langem beste Anstoss-Version und konnte aufgrund einer guten
Spielbarkeit mit einer unglaublichen Langzeitmotivation aufwarten und
– je nach Spielweise – war es möglich, die magische Grenze „1
Abend, 1 Saison“ zu knacken. Die Presse war kurioserweise nicht
mehr ganz so überzeugt, was aber durchaus an der Weiterentwicklung
des Fussball Managers von EA lag. Die Testurteile waren um die 75%
angesiedelt, was im Vergleich zum Vorgänger schon ein Rückschritt
war. Auch hatte Ascaron einiges getan in Sachen Bugfixing, man muß
ironischerweise schon fast lobend erwähnen, das A2005 nach nur zwei
Patches weitestgehend absturzfrei läuft. Für den, der sich aus den
neueren Anstossspielen eines ansehen möchte, dem würde ich immer
noch zu A2005 raten, weil das Spiel stabil läuft, gut gereift ist
und auch unter Windows 10 noch problemlos läuft. Es mag sein, dass
einem die Europapokal-Regeln etwas komisch vorkommen, aber wenigstens
werden wir nicht mehr durch ein Silver Goal belästigt... Eine
Besonderheit zu A2005 sei noch erwähnt: Im ersten Patch, der im
November 2004 als „Feature-Pack“ beworben wurde, hatte die
Fanpage ihre Finger im Spiel. Wir haben damals von der Community
Ereignisse gesammelt, von denen einige dann per Patch eingebaut
wurden. Ein weiteres Zeichen dafür, wie ernst Ascaron unsere Belange
nahm.
Packshot von Anstoss 2005 |
Die Fanbabes hatten auch einen Auftritt außerhalb des Monitors. |
Wenig
später gab Ascaron dann bekannt, dass zum einen Betatester für das
Sacred-AddOn gesucht würden und zum anderen, dass Piraten: Herrscher
der Karibik einen offiziellen Nachfolger namens Tortuga: Rache der
Piraten bekommen sollte – der Releasetermin wurde
optimistischerweise im 1. Quartal 2005 avisiert. Doch heute wissen
wir: Geschichte wiederholt sich, und da gab es doch mal dieses Spiel
namens Elisabeth I., welches auch leichte Releaseverzögerungen
hatte.
Kurz
nach Jahreswechsel deutete Ingo Mohr im Forum an, das Ascaron an
einem neuen Projekt arbeitet, welches uns alle „sehr freuen“
würde. Tatsächlich wurde Ende Januar offiziell, dass (mit
Sicherheit auch dank des finanziellen Erfolgs von Sacred) an Anstoss
2006 gearbeitet wird. Ronny Harzendorf erklärte den Namenswechsel
wie folgt:
„ANSTOSS
5 und ANSTOSS 2005 würden einfach nicht mehr auseinander gehalten
können, gerade im Support. Das stellen wir immer wieder bei ANSTOSS
4 International und Edition 03/04 fest. Schon allein aus diesem Grund
wird ANSTOSS ab sofort Jahreszahlen tragen.“
Anstoss 2006 wurde als echte Neuentwicklung vorgestellt und würde
auch zum Vollpreis verkauft. Im Rahmen der nahenden
Fußball-Weltmeisterschaft erhoffte sich Ascaron natürlich einen
weiteren Verkaufseffekt. Wenn man der Namensgebung anderer Spiele
folgte, konnte man eine Fertigstellung des Spiels noch 2005 erwarten,
denn z.B. der FM 2005 wurde Ende 2004 auf den Markt geworfen.
Vor
der Veröffentlichung des Sacred-AddOns Sacred:
Underworld
wurde bekannt, dass in Deutschland inzwischen 200.000 Exemplare von
Sacred verkauft wurden, woraufhin der Platin-Award des VUD Ascaron
als Auszeichnung überreicht wurde. Insgesamt soll sich Sacred
weltweit übrigens rund zwei Millionen mal verkauft haben. Eine
hervorragende Zahl für ein kleines Unternehmen wie Ascaron. Dazu ist
das Spiel auch immer noch bei Steam oder GOG erhältlich.
Was
erwartete den Käufer nun ab März 2005? Underworld sollte Sacred um
beachtenswerte 40% Spielwelt erweitern, bot zwei weitere Charaktere
und natürlich unzählige neue Items. Durch das AddOn wurden dazu die
fehlerbehafteten Zufallsquests aus dem Originalspiel entfernt und
durch richtige Quests ersetzt, was den Wiederspielwert erhöhte. Auch
das AddOn erhielt richtig gute Bewertungen (z.B. 86% in der
Gamestar), störend zeigte sich nur die fehlende Durchgängigkeit,
weil man vom Hauptquest nicht ohne Zwischenstopp im Menü die
Unterwelt betreten konnte. Dem genauen Betrachter stellte sich
Underworld jedoch ein wenig verändert als das Ur-Spiel dar. Der
Zeichenstil war leicht verändert, aber die dem AddOn zugrunde
liegende Story war immer noch wenig immersiv. Jetzt stellt sich
natürlich die Frage, ob einen gestandenen Action-RPG-Spieler das
überhaupt stört, aber das muss jeder für sich selbst beantworten –
ich denke immer wieder, dass es schwer fällt, die Hauptquest von den
vielen Nebenquests zu unterscheiden. Weniger (Quests) wäre mehr
(Spielerlebnis) gewesen.
Packshot von Sacred Underworld |
Wie im oben bereits verlinkten
Gamestar-Artikel ausgeführt, wanderte die Verantwortung nach dem
großen Erfolg von Sacred von Gütersloh nach Aachen, so dass Franz
Stradal, seines Zeichens Leiter von Studio II, nun auch mehr seine
Ideen und Visionen einfließen lassen konnte. Als Mitte 2005 Sacred
2
offiziell angekündigt wurde, waren von Underworld rund 50.000
Exemplare verkauft worden. Grund genug, auch das Lösungsbuch neu
aufzulegen und Underworld mit einzuarbeiten.
Im
Spätsommer auf der Games Convention überraschte Ascaron die
Spielewelt mit dem Spiel Darkstar
One,
ein Weltraumspiel im Stile von Elite,
Freelancer
oder Privateer,
welches von Daniel Dumont entwickelt wurde. Das Spiel sollte das tote
Genre wiederbeleben und versprach auf den ersten Screenshots ein
Grafikfeuerwerk sondergleichen. Dazu versprach das Spiel die
Integration eines funktionierenden Warensystems, denn das hatte das
Team um Dumont ja in den letzten Jahren perfektioniert. Bereits
Anfang 2006 soll das Spiel in den Regalen stehen... aber das nehmen
wir ja schon lange nicht mehr für bare Münze.
Neben
den tollen Nachrichten auf der Games Convention, dem erfolgreichen
Sacred und den neuen Projekten in der Pipeline gab es noch eine
wesentliche Änderung im Betriebsablauf: Ascaron zieht um! Die Räume
an der Dieselstraße waren proppevoll, mehr als renovierungsbedürftig
und dazu kommunikationstechnisch nicht mehr up-to-date, so zog man im
August an die Verler Str. 6 in Gütersloh. „Mit
der moderneren Infrastruktur setzen wir auf ein noch dynamischeres
Wachstum und weitere Expansion“,
so Holger Flöttmann auf der Ascaron-Webseite dazu.
Mit
Sacred
Gold,
die Mitte Oktober zum günstigen Preis veröffentlichte Verquickung
von Hauptspiel und AddOn, kommen wir nun langsam zum letzten Atemzug
was Sacred 1 angeht. Die Gold-Version war sehr umfangreich, denn
neben dem Spiel war auch die Soundtrack-CD dabei, was natürlich die
Limited Edition der Erstauflage ein wenig verwässerte.
Packshot von Sacred Gold |
Der
Jahreswechsel naht. Mehrere Spiele sind in der Entwicklung: Darkstar
One,
Anstoss
2006
und Tortuga
– Two Treasures
in Gütersloh und Sacred
2
in Aachen. Die Verzögerungen an Tortuga (welches zwischenzeitlich
den Namen gewechselt hatte und für April 2006 auf der Agenda stand)
wurden mit der Einarbeitung einer umfangreichen Geschichte von Bob
Bates und Noah Falstein erklärt. Anstoss 2006 war sogar schon für
Februar 2006 im Kalender vermerkt. Und Ascaron expandiert
tatsächlich: Bernhard Ewers, der bereits an Sacred mitwirkte, wird
Geschäftsführer einer neuen GmbH, der Quality
Four GmbH
in Potsdam. Geschäftszweck dieser Gesellschaft soll es sein,
Dienstleister für andere Software-Unternehmen zu sein und deren
Qualitätssicherung durchzuführen. Es wirkt noch heute ein wenig wie
Hohn, dass ausgerechnet eine Firma, deren jüngste Produkte oft nur
durch mehrere Patches lauffähig wurden, nun eine Firma gründete,
die genau diese Unsitte abstellen sollte. Die andere Sichtweise wäre
natürlich, das Ascaron die eigenen Defizite erkannt hat und damit
abstellen möchte, doch dazu später mehr.
Und
mit diesem Ironiestreich leite ich nun über in das letzte Kapitel
der Historie von Ascaron, in dem sich zeigen wird, dass sich
getroffene Managementfehlentscheidungen bei Projekten im Umfang eines
Sacred 2 multiplizieren und bitterböse rächen werden.
2 Dazu
folgender Bericht der Gamestar:
http://www.gamestar.de/spiele/devastation/artikel/producer_gruselgeschichten,37656,3011628.html
3 Diese
hier: https://www.youtube.com/watch?v=mMpszpyPDKc
Labels:
Anstoss 2005,
Anstoss 2007,
Anstoss 4 Edition 03/04,
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Piraten,
Port Royale 2,
Sacred,
Sacred Underworld,
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