Ascarons
Vermächtnis (2010 bis heute)
Ascaron
war Geschichte und der letzten Atemzug von Studio II war das
in Eigenregie gebastelte AddOn zu Sacred 2 „Ice &
Blood“. Nun ging es für die Entwicklerlandschaft nur noch
darum, die besten Stücke aus der Haushaltsauflösung von Ascaron
und Studio II zu ergattern.
Die
Rechte an Sacred, die wohl stärkste Marke aus der
Insolvenzmasse, gingen an Koch Media. Wer den Spielemarkt
aufmerksam verfolgt hat, der weiß, dass die Marke „Sacred“
für noch einige Spiele verwendet wurde, darunter Sacred Citadel,
einen belanglosen Sidescroller, der nur als Downloadtitel erschien
und die ganz üble Fortsetzung Sacred 3, die 2010 bereits
angekündigt wurde und 2014 erschien. Das eigentliche Spielprinzip
der offenen Welt und des Sammelns von Loot wurde komplett geändert
und kann daher eigentlich nicht wirklich als Sacred-Nachfolger
zählen. Dazu gibt es seit Sommer 2016 auch Sacred Legends für
Android und iOS auf dem Smartphone, ein Pay-to-win-Rollenspiel mit
ansehnlicher Grafik.
Für
die eigentlichen Assets, die Ascaron zu bieten hatte, sprang
dann Kalypso Media ein: Der Spielehersteller aus Worms kaufte
ziemlich alle erwerbbaren Lizenzen und Marken (kurioserweise aber
nicht die Marke Ascaron selbst): Anstoss, Patrizier,
Pole Position und einige mehr. Mit Hilfe von Kalypso
konnte Daniel Dumont die Gaming Minds Studios gründen,
die eine Handvoll gestrandeter Ascaroonies einstellten. Dieses Studio
darf daher höchst offiziell als Nachfolger von Ascaron
gelten! Und mit den Veröffentlichungen von Dumont lebten auch
einige Spieleserien erfolgreich weiter: Im Juni 2010 kam die
Umsetzung von Dark Star One auf die Konsolen. Patrizier IV
folgte im Januar 2011 (natürlich mit einem späteren AddOn und einer
Goldversion) und auch Port Royale wurde mit Teil 3 im Juni
2012 erneut fortgesetzt – ebenfalls mit einem AddOn und der
obligatorischen Goldversion im August 2013. Rise of Venice und
Grand Ages: Medieval setzen die WiSims von Daniel Dumont
erfolgreich fort, angepasst an die Spielerwünsche der 2010er Jahre.
Ob wir noch eine weitere Fortsetzung der bekannten Reihen erleben
werden, kann noch niemand sagen.
Kalypso
selbst bzw. entsprechende kleinere Studios brachten dann noch zwei
Versionen von Pole Position (PP 2010 und PP 2012)
heraus: Beides Midprice-Formel 1-Simulationen, die allerdings eher
durchwachsen waren.
Sämtliche
Anfragen bei Kalypso, ob die Marke Anstoss je wieder
belebt wird, wurden bislang abgeblockt und wir haben uns auch damit
abgefunden, dass es wohl keinen Fußballmanager der alten Schule je
wieder geben wird. Die Spielelandschaft hat sich einfach zu sehr
verändert. Auch, wenn die Gamestar sich fragt, warum eigentlich...
Bemerkenswert
ist, dass zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen Ende August 2016
die tatsächliche Marke „Ascaron“ noch immer beim
Insolvenzverwalter liegt. Allerdings ist dessen Markenschutz am
31.07.2016 abgelaufen. Es könnte sich also jemand finden, der die
Marke erwirbt – aber denkt dabei nicht an mich, sooo verrückt bin
ich dann doch nicht. Der Gedanke wäre allerdings reizvoll...
Fakt
ist: Wenn man von Sacred absieht, wurden eine der namhaften
Ascaron-Marken zuletzt 2013 verwendet. Für Sacred 2
wurden am 01.04.2012 die Onlineserver abgeschaltet. In gewisser
Hinsicht muß man also tatsächlich Abschied nehmen, denn den guten
Namen, die Spiele wie Patrizier oder Anstoss einst
hatten, hat Ascaron verspielt. Sicher konnten die Gaming
Minds Studios da mit den Fortsetzungen erheblichen Kredit wieder
einspielen. Doch für mich ist relativ deutlich, dass mit den letzten
beiden Spielen Rise of Venice und Grand Ages: Medieval
ein Schritt nach vorne gemacht wurde und man neue Ideen in neue
Spiele mit neuen Namen stecken muss. Anstoss 3 und Patrizier
2 sind nun sechzehn Jahre alt. Die Namen von einst sind heute
längst nicht mehr soviel wert wie 2009. Alle einstigen Ascaron-
und Studio II-Programmierer sind hoffentlich längst woanders
untergekommen, haben neue Jobs (z.B. bei bundesliga.de wie ich weiß)
oder erkunden neue Lebensabschnitte. So geht es mir auch.
Und
damit bin ich nach viel Arbeit, viel Recherche und einer Menge Freude
am Schaffen am Ende meiner Chronik angelangt. Ich hoffe, die Lektüre
hat euch Spaß gemacht und ihr konntet noch ein paar Dinge lesen, von
denen ihr vorher nichts wusstet. Bei der Recherche für diesen
Bericht habe ich jedenfalls viel erfahren. Es gibt aber auch noch
immer so vieles, was ich nicht weiß und was ich wohl auch nie
erfahren werde – denn einige Anfragen versandeten komplett und
manch einer wollte nicht mehr an die Ascaron-Zeit erinnert
werden. Es war aber auch umgekehrt, dass ich plötzlich einen
Gesprächspartner fand, wo ich nicht glaubte, einen zu bekommen. Aber
vielleicht habe ich ja nochmal die Gelegenheit, ein Interview mit
Holger Flöttmann selbst zu führen. Wer weiß.